Dolchstoßlegende – historische Bedeutung

Die historische Bedeutung der sog. „Dolchstoßlegende“

Unter der Dolchstoßlegende versteht man einen Trick, den die Militärführung am Ende des Ersten Weltkrieges angewendet hat, um die Verantwortung für die Niederlage von sich aus auf andere abzuwälzen.

Im wesentlichen ging es um die folgenden Punkte:

  1. Angeblich war die deutsche Armee „im Felde“ nicht besiegt worden, obwohl einer ihrer Führer angesichts der alliierten Überlegenheit einen regelrechten Nervenzusammenbruch erlitten hatte.
  2. Die politische Führung wurde mehr oder weniger gezwungen, überhastet in Waffenstillstandsverhandlungen einzutreten, die nur zur Niederlage führen konnten.
  3. Später schob man dann die Schuld denen in die Schule, die aus guten Gründen im Krieg nicht mehr mitmachen wollten und entsprechend demonstriert und zum Teil auch gestreikt hatten.
  4. Hitler hat sich später darauf berufen, dass es eine solche angebliche Schande nie wieder geben sollte.
  5. Er sorgt dann auch dafür, dass die Deutschen 1945 bis zum bitteren Ende durchhalten mussten. Wer dagegen war, musste um sein Leben fürchten.

Näheres macht ein Auszug aus dem E-Book:

„Geschichte für Einsteiger“

deutlich, aus dem wir hier zitieren dürfen:

1.1       Die deutsche Militärführung gibt die Niederlage zu…

Laut dem Tagebucheintrag des Oberst Thaer tritt Ludendorff als einer der beiden Vertreter der mächtigen Obersten Heeresleitung im Ersten Weltkrieg am 1. Oktober 1918 vor seine engsten Berater und verkündet für diese völlig überraschend, der Krieg sei verloren und es müsse nun schnell ein Waffenstillstand herbeigeführt werden. Sehr richtig wird auch auf die entscheidenden Momente verwiesen, die diese Einschätzung erzwingen: Da ist das Ausscheiden Bulgariens aus der gemeinsamen Front, Österreich und die Türkei würden auch bald folgen. Im Westen werde zudem die Übermacht der Alliierten durch immer neue amerikanische Truppen immer größer.

1.2       … hat aber auch eine Idee, wie sie die Schuld abwälzt

Das alles wäre nichts Besonderes, wenn Ludendorff nicht auch gleich schon eine Idee hätte, wie man mit dieser Situation für das Militär einigermaßen günstig umgehen könnte. Statt die eigenen Fehler einzugestehen, verweist er auf die angebliche Wühlarbeit der linken Kräfte in Deutschland und schlägt dann allen Ernstes vor, dass man die Parteien, die im Verlaufe des Krieges immer skeptischer gegenüber der Idee eines Siegfriedens waren und vergeblich rechtzeitige Verhandlungen wollten, nun die Suppe auslöffeln lässt, die sie angeblich eingebrockt hätten.

Und so kommt es tatsächlich: Der Zentrumspolitiker Matthias Erzberger erklärt sich tatsächlich bereit, die Waffenstillstandsverhandlungen zu führen, was normalerweise Aufgabe der Militärs wäre. Ab diesem Zeitpunkt lassen sich alle unangenehmen Forderungen der Alliierten sehr schön den demokratischen Mehrheitsparteien aus SPD, Zentrum und Liberalen in die Schuhe schieben.

1.3       Die Dolchstoßlegende

Der zweite Mann der OHL, Hindenburg, geht noch einen Schritt weiter, indem er später die so genannte Dolchstoßlegende vertritt und populär macht. Angeblich sei der Sieg des deutschen Heeres durch die fehlende Unterstützung bzw. sogar zersetzende Streikaktivitäten verhindert worden. Keine Rede ist dann mehr von all den Faktoren, die überhaupt nichts mit der deutschen Heimatfront zu tun hatten.

1.4       Die Folgen bis hin zu Hitlers Fanatismus am Ende des Zweiten Weltkrieges

Das verhängnisvolle Erbe dieser Aktivitäten von Ludendorff und Hindenburg war, dass damit während der gesamten Weimarer Republik die demokratischen Politiker belastet werden konnten. Am Ende trug das mit dazu bei, das mit Adolf Hitler jemand an die Macht kommen konnte, der den Kampf gegen die sogenannten Novemberverbrecher zu einem seiner Lebensziele gemacht hat.

Als dann sein zweiter Krieg, für den er allein die Verantwortung trug, 1945 erneut in eine Niederlage mündete, tat Hitler alles, um es nicht zu einem erneuten „November 1918“ kommen zu lassen. Schon in den Jahren davor wurden alle Deutschen streng bestraft, die nicht mehr an den Endsieg glaubten. Defätismus bzw. Wehrkraftzersetzung war eine der häufigsten Begründungen für Todesurteile.

In die gleiche Richtung ging der sogenannte Nerobefehl, der Versuch Hitlers, den Siegern nur eine Art verbrannte Erde zurückzulassen, was auch bedeutet hätte, die an sich schon durch die Bombenangriffe der Alliierten stark geschmälerte Lebensgrundlage für die Deutschen noch stärker zu schmälern. Es ist dem Rüstungsminister Speer zu verdanken, dass dieser Befehl Hitlers nicht komplett umgesetzt wurde.

Auf jeden Fall wird deutlich, wie verhängnisvoll der Umgang mit der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg von Anfang an war: Statt dass die Generäle die wirklichen Ursachen klärten und dabei auch eigene Fehler zugaben, schoben sie die Schuld den demokratischen Politikern in die Schuhe, die dadurch diskreditiert (in ein schlechtes Licht gerückt) wurden. Zugleich spielte man damit Hitler in die Hände, der aus dieser Schuldzuweisung ein noch größeres Projekt machte und es vor allem nutzte, um Deutschland fast in den totalen Abgrund zu führen.

Weiterführende Hinweise

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