Highlight-Hörbuch, Teil 8: „Die Judenbuche“: Der Schluss

„Die Judenbuche“: Der Schluss der Novelle

Im Schlussteil der Novelle „Die Judenbuche“ wird das Verwirrspiel um die Schuld Friedrich Mergels noch einem, Höhepunkt zugeführt.

Wer sich das Folgende „auf die Ohren“ legen will, während er in seiner Textausgabe sich Notizen macht, der kann die folgende mp3-Datei nutzen:

Rückblick auf das Halbdunkel der Schuldfrage

  1. Schon beim Tod des Oberförsters gab es eine Art Halbdunkel, was Friedrichs Untat angeht, aber dessen Bemühen um Beichte schafft Klarheit über seine Schuld. Sein Onkel kann ihn zwar vom Schuldbekenntnis abhalten, bei dem er und seine Beziehung zu den Holzräubern auch deutlich geworden wäre. Aber Friedrich hat ganz deutlich gemacht, dass er dem Oberförster einen falschen Weg angegeben hat, auch wenn er anscheinend seinen Tod nicht wollte.
  2. Nach der Ermordung des Juden Aaron und Friedrichs Flucht gibt es dann auch noch einen besonderen Entlastungshinweis für Friedrich. Denn der Gutsherr erzählt allen, dass ein anderer Mann den Mord an Aaron gestanden habe. Leider habe er sich aber aufgehängt, bevor man Näheres prüfen konnte.

Das letzte Verwirrspiel: Der Spätheimkehrer

  1. Dann gibt es 28 Jahre Pause, bis plötzlich ein Mann, abgemagert und in schlechter Kleidung erscheint. Alle halten ihn für Johannes und er selbst tut alles, um das wahr erscheinen zu lassen.
  2. Dann zwei Hinweise, dass dieser angebliche Johannes in Wirklichkeit wohl Friedrich ist:
    „Man fragte ihn, warum Friedrich sich denn aus dem Staube gemacht, da er den Juden doch nicht erschlagen? – ‚Nicht?‘ sagte Johannes und horchte gespannt auf, als man ihm erzählte, was der Gutsherr geflissentlich verbreitet hatte, um den Fleck von Mergels Namen zu löschen. ‚Also ganz umsonst,‘ sagte er nachdenkend, ‚ganz umsonst so viel ausgestanden!‘ Er seufzte tief und fragte nun seinerseits nach manchem.“
    Hier fällt doch auf, wie groß das Empfinden bei dem Mann ist. Das passt besser zum eigentlichen Verdächtigen von damals als zu einem, der selbst nichts damit zu tun hatte.

Friedrich richtet sich selbst

  1. Als Johannes dann einmal verschwunden ist, ist der Gutsherr sehr besorgt: „Seine Unruhe trieb ihn sogar nach Johannes‘ Wohnung, obwohl er sicher war, ihn dort nicht zu finden. Er ließ sich die Kammer des Verschollenen aufschließen. Da stand sein Bett noch ungemacht, wie er es verlassen hatte; dort hing sein guter Rock, den ihm die gnädige Frau aus dem alten Jagdkleide des Herrn hatte machen lassen; auf dem Tische ein Napf, sechs neue hölzerne Löffel und eine Schachtel. Der Gutsherr öffnete sie; fünf Groschen lagen darin, sauber in Papier gewickelt, und vier silberne Westenknöpfe; der Gutsherr betrachtete sie aufmerksam. ‚Ein Andenken von Mergel,‘ murmelte er und trat hinaus, denn ihm ward ganz beengt in dem dumpfen, engen Kämmerchen.“ Anscheinend ahnt er etwas, was dann Wirklichkeit wird.
  2. Man sucht überall und findet schließlich auch jemanden, der sich direkt an einem Ast der sogenannten Judenbuche aufgehängt hat. Alle glauben, dass es der verschwundene Johannes ist, aber der Gutsherr erkennt ihn als Friedrich.
  3. Der hat sich bezeichnenderweise selbst genau dort umgebracht, wo er damals Aaron umgebracht hat. Es heißt ja auch, dass es einen Täter immer wieder an den Ort der Tat zieht.
  4. Jetzt erfährt der Leser auch, was in den Stamm der Judenbuche eingeritzt worden ist: “Wenn du dich diesem Orte nahest, so wird es dir ergehen, wie du mir getan hast.“

Rückkehr zum Ausgangspunkt: Die Mahnung des Gedichtes

  1. Das ist jetzt eine gute Gelegenheit, noch mal zum Ausgangspunkt der Novelle zurückzukehren. Dort ist es ja in dem Gedicht auch um den Umgang mit einem Täter und seiner Schuld gegangen. Und wir sind als Leser ermahnt worden, nicht vorschnell zu urteilen – oder zumindest auch Dinge zu berücksichtigen, die eine Tat nicht entschuldigen, wohl aber etwas verständlicher machen.
  2. Da war zunächst von „beschränkten Hirnes Wirren“ die Rede, also von der Verwirrung im Kopf eines Täters. Hier muss man sicher feststellen, dass dieser Friedrich kein dummer Mensch ist, wohl aber einer, der sich anscheinend wohl leicht verführen lässt, weil er eben mehr sein will, als seine Herkunft ihm ermöglicht.
  3. Damit sind wir auch schon bei der Formulierung „ein arm verkümmert Sein“. Tatsächlich ist Friedrich ein Menschen, der sich nicht richtig hat entwickeln können.
  4. Dann wird es im Gedicht noch spezieller, wenn es um „eitlen Blutes Drang“ geht. Hier haben wir schon darauf hingewiesen, das das vor allem beim Tod des Oberförsters eine Rolle gespielt hat. Denn der hat Friedrich wirklich bis auf Blut mit seinen Beschimpfungen gereizt. Beim Juden Aaron ist das anders: Hier ist es wohl das Gelächter der Gesellschaft, das ihn bis aufs Blut reizt und dann zum Mord aus Rache führt, auch wenn dieser Aaron ja nur sein Recht gefordert hat.
  5. Und dann ist da noch von „Des Vorurteils geheimen Seelendieb“. Vorurteile gegenüber den Juden werden zwar an einigen Stellen der Novelle angesprochen, vor allem von der Mutter. Aber die spielen direkt wohl keine Rolle. Das, was Friedrich auf der Hochzeitsfeier als Schande empfindet, das hätte auch von einem anderen verursacht werden können. Vielleicht war der schon recht alte Jude aber auch wegen der allgemeinen Vorurteile für Friedrich ein leichteres Opfer.
  6. Am Ende bleibt die Mahnung, dass man sehr vorsichtig sein sollte mit der Verurteilung anderer Menschen. Auf jeden Fall sollte man nicht vorschnell und ohne Berücksichtigung der näheren Umstände einer Tat urteilen.

Weiterführender Hinweis:

Wer jetzt noch tiefer einsteigen will in die Novelle, der findet hier eine Übersicht über unsere genauere Vorstellung der einzelnen Teile:

„Die Judenbuche“ – Überblick