Wie analysiert man den Inhalt einer Dramenszene?
Der Normalfall: „Lineare“ Analyse: nacheinander
- Am besten ist, wenn man sich bei einer Dramenszene klar auf den Konflikt konzentriert.
- Nehmen wir als Beispiel die 2. Szene des I. Aktes aus Schillers „Wilhelm Tell“.
- Da geht es allgemein um den Freiheitskampf der Schweizer gegen die österreichischen Unterdrücker.
- Das ist das allgemeine Thema des Dramas.
- Wenn man sich die Szene einmal etwas genauer ansieht, dann geht in ihr um das Thema: „Wie soll man sich als Schweizer angesichts dieser Unterdrückung verhalten?“
- Außerdem hat man ja die Voraussetzungen der Szene geklärt, nämlich die Verfolgung und Flucht eines Schweizers (Baumgarten) in der ersten Szene.
- Als Ausgangspunkt ergibt sich
- Unterdrückung
- Flucht, Lebensgefahr
- Rettung durch Wilhelm Tell
- Rache-Zerstörungen der österreichischen Verfolger
- Jetzt kann man fortlaufend prüfen, wie sich in der Szene die Konfliktsituation ändert.
- Am Anfang wird ein Herr Stauffacher von einem Herrn Pfeiffer aufgefordert, sich Österreich nicht zu unterwerfen.
- Anschließend fragt seine Frau Gertrud den Stauffacher, warum er so traurig ist, wenn doch eigentlich alles gut läuft bei ihnen.
- Daraufhin erzählt Stauffacher ihr, wie der österreichische Vogt letztens vorbeigeritten ist und ihm gesagt hat, er hätte für einen Bauern ein viel zu schönes Haus. Und darin sieht er eine versteckte Drohung.
- Anschließend erklärt Gertrud ihrem Mann, warum der Vogt ihn nicht leiden kann,
- einmal wegen seines Widerstandes gegen die Österreicher
- und dann, weil er selbst zwar adlig ist, aber keinen eigenen Besitz hat wie der wohlhabende Schweizer Bauer.
- Auf die Frage ihres Mannes, was er denn tun solle, ermutigt Gertrud ihn, sich mit anderen zusammenzuschließen und Widerstand vorzubereiten.
- Als Stauffacher auf die Gefahren eines Aufstandes verweist, macht Gertrud ihm klar, dass ihre Lage nur schlechter werden kann.
- Das überzeugt Stauffacher und er macht sich auf den Weg, um Verbündete zu finden.
- Am Ende erscheint Tell mit dem Flüchtling, was zur weiteren Entwicklung überleitet.
Variante: Figurenkonstellation
Natürlich kann man diese Szene auch unter dem Gesichtspunkt der Figuren und ihres Verhältnisses zueinander analysieren, das ist aber für den Anfang nicht so günstig, weil es hier stark auf die Abläufe im Gespräch ankommt.
Man sieht hier sehr gut, dass eine Szenenanalyse in einem Drama manchmal fast komplett zu einer Analyse der Kommunikation zwischen Figuren wird.