Judenbuch, S. 36-47: Der Uhren-Vorfall

S. 36-47: Friedrichs zweite und noch größere Schuld

Hier kann man sich das Folgende schon mal „auf die Ohren legen“ und sich direkt Notizen in der eigenen Textausgabe machen:

  • Schon einmal ist Friedrich in eine schlimme Situation geraten ist bzw. sich selbst dort hineingebracht hat, indem er den Oberförster – wenn auch vielleicht nicht ganz absichtlich – in den Tod geschickt hat.
  • Ab S. 36 wird dann ein zweiter Vorfall geschildert, in dem Friedrich wieder sein ausgeprägtes Ehrgefühl an eine Grenze führt, die er diesmal wohl auf noch eindeutigere Weise überschreitet.
  • Beim Oberförster wollte er den wohl nur in Schwierigkeiten bringen, aber nicht seinen Tod – denn in aller Regel traten ja bei den Gefechten mit den Holzfrevlern zwar Verletzungen auf, aber es gab keine Toten.
  • Diesmal aber fühlt sich Friedrich in aller Öffentlichkeit herabgesetzt, auch wenn er selbst daran schuld ist – und bald gibt es einen zweiten Toten – und diesmal muss Friedrich verschwinden.
  • Der Eklat auf der Hochzeitsfeier
    • Zu dem Vorfall, der Friedrichs Leben endgültig aus der Bahn wirft, kommt es vier Jahre nach dem Tod des Oberförsters im Jahre 1760.
    • Es hat eine gute Ernte gegeben, alle sind zufrieden und ein Paar heiratet.
    • 36/37: „Friedrich stolzierte umher wie ein Hahn, im neuen himmelblauen Rock, und machte sein Recht als erster Elegant geltend. Als auch die Gutsherrschaft anlangte, saß er gerade hinter der Baßgeige und strich die tiefste Saite mit großer Kraft und vielem Anstand.“
    • Kurz darauf: Ein beliebter Tanz „ward gespielt und Friedrich machte Sätze vor den Augen seiner Herrschaft, daß die Kühe an der Tenne die Hörner zurückzogen und Kettengeklirr und Gebrumm an ihren Ständern herlief. Fußhoch über die andern tauchte sein blonder Kopf auf und nieder, wie ein Hecht, der sich im Wasser überschlägt; an allen Enden schrien Mädchen auf, denen er zum Zeichen der Huldigung mit einer raschen Kopfbewegung sein langes Flachshaar ins Gesicht schleuderte.“
    • Dann kommt es zu einer ersten Peinlichkeit, als Johannes dabei erwischt wird, wie ihm gestohlene Butter aus aus der Tasche fließt.
    • Noch kann Friedrich die Sache regeln, indem er vortritt und den Übeltäter  „Lumpenhund“ nennt:
      „ein paar derbe Maulschellen trafen den geduldigen Schützling; dann stieß er ihn an die Tür und gab ihm einen tüchtigen Fußtritt mit auf den Weg.“
    • Dann aber wird Friedrich seine Vorstellung von Ehre und Ansehen zum Verhängnis:
      • „Er kehrte niedergeschlagen zurück; seine Würde war verletzt, das allgemeine Gelächter schnitt ihm durch die Seele,
      • ob er sich gleich durch einen tapfern Juchheschrei wieder in den Gang zu bringen suchte – es wollte nicht mehr recht gehen. Er war im Begriff, sich wieder hinter die Baßviole zu flüchten;
      • doch zuvor noch ein Knalleffekt: er zog seine silberne Taschenuhr hervor, zu jener Zeit ein seltener und kostbarer Schmuck. ‚Es ist bald zehn,‘ sagte er. ‚Jetzt den Brautmenuett! Ich will Musik machen.‘
      • ‚Eine prächtige Uhr!‘ sagte der Schweinehirt und schob sein Gesicht in ehrfurchtsvoller Neugier vor. –
      • ‚Was hat sie gekostet?‘ rief Wilm Hülsmeyer, Friedrichs Nebenbuhler. –
      • ‚Willst du sie bezahlen?’“ fragte Friedrich. –
      • ‚Hast du sie bezahlt?‘ antwortete Wilm. Friedrich warf einen stolzen Blick auf ihn und griff in schweigender Majestät zum Fidelbogen. –
      • ‚Nun, nun,‘ sagte Hülsmeyer, „dergleichen hat man schon erlebt. Du weißt wohl, der Franz Ebel hatte auch eine schöne Uhr, bis der Jude Aaron sie ihm wieder abnahm.‘
      • Friedrich antwortete nicht, sondern winkte stolz der ersten Violine, und sie begannen aus Leibeskräften zu streichen.“

Noch größere Demütigung für Friedrich und sein Abgang

  • 39/40: Kurzes Zwischenspiel: Die arme Braut wird geschmückt und muss sich in ihr Schicksal fügen.
  • 39: Als sie wieder in den Tanzsaal zurückkehrt, ist Friedrich nicht mehr da. Was passiert ist, wird rückblickend berichtet:
    • „Eine große, unerträgliche Schmach hatte ihn getroffen, da der Jude Aaron, ein Schlächter und gelegentlicher Althändler aus dem nächsten Städtchen, plötzlich erschienen war, und nach einem kurzen, unbefriedigenden Zwiegespräch ihn laut vor allen Leuten um den Betrag von zehn Talern für eine schon um Ostern gelieferte Uhr gemahnt hatte.#
    • Friedrich war wie vernichtet fortgegangen und der Jude ihm gefolgt, immer schreiend: ‚O weh mir! Warum hab‘ ich nicht gehört auf vernünftige Leute! Haben sie mir nicht hundertmal gesagt, Ihr hättet all Eur Gut am Leibe und kein Brod im Schranke!‘ –
    • Die Tenne tobte von Gelächter; manche hatten sich auf den Hof nachgedrängt. – ‚Packt den Juden! Wiegt ihn gegen ein Schwein!‘ riefen einige; andere waren ernst geworden. –
    • ‚Der Friedrich sah so blaß aus wie ein Tuch,‘ sagte eine alte Frau, und die Menge teilte sich, wie der Wagen des Gutsherrn in den Hof lenkte.“
  • 40: Als der Gutsherr nach Hause kommt, gibt es einen ersten Hinweis von seinen Knechten, die das Gespenst von Friedrichs Vater angeblich gehört haben.
  • 40/41: Drei Tage später gibt es einen ziemlichen Sturm und dann taucht die Frau des Juden Aaron auf, die ihren Mann erschlagen aufgefunden hat.
  • Man hat dann gleich Friedrich im Verdacht – aber der ist rechtzeitig verschwunden, zusammen mit seinem Johannes.
  • Der Gutsherr findet allerdings bei der Hausdurchsuchung Papiere, die einen Kontakt mit den Blaukitteln nachweisen könnten.
  • 45/46: Dieser Teil der Geschichte endet dann damit, dass viele andere Juden zusammenkommen, um die Buche zu kaufen, unter der Aaron tot aufgefunden worden ist. Sie bringen dort ein Schild an, auf dem in hebräischer Sprache und Schrift steht: „Wenn du dich diesem Orte näherst, so wird es dir ergehen, wie du mir getan hast.“
  • Hinzu kommt dann noch eine Bemerkung des Gutsherrn, dass er die Information bekommen hat, dass ein anderer den Mord an einem Aaron zugegeben hat, bevor er sich erhängt hat. So bleibt offen, ob er der Täter ist. Der Gutsherr will das aber gerne glauben und kümmert sich später ja auch um Friedrichs Mutter.