Teil 3: Die Welt, in der Friedrich Mergel aufwächst
Hier die mp3-Datei, die die folgenden Infos präsentiert und die man sich gut „auf die Ohren legen“ kann, während man alles in der eigenen Textausgabe verfolgt.
Textgrundlage: von Droste-Hülshoff, Annette. Die Judenbuche: Reclam XL – Text und Kontext (German Edition). Reclam Verlag. Kindle-Version.
Hier wird die Reclam-Ausgabe zugrundegelegt – und zwar in der E-Book-Fassung:
- Eben haben wir am Beispiel des Gedichtes am Anfang gesehen, dass die Novelle „Die Judenbuche“ sich bemüht, bei einem Täter nach mildernden Umständen zu forschen – damit es zu einer gerechten Beurteilung kommt.
- Nach dem Gedicht kommt es gleich zu einer zweiten „Lichtung“ im Text-Urwald – es wird nämlich beschrieben, in welche Welt der spätere Täter hineinwächst.
- Dieser Friedrich Mergel wird 1738 geboren, also vor fast 300 Jahren – und zwar als Sohn eines kleinen Bauern in einem abgelegenen Dorf im östlichen Westfalen.
- Das Besondere dort sind die (S.3/4) „Originalität und Beschränktheit, wie sie nur in solchen Zuständen gedeihen. Unter höchst einfachen und häufig unzulänglichen Gesetzen waren die Begriffe der Einwohner von Recht und Unrecht einigermaßen in Verwirrung geraten, oder vielmehr, es hatte sich neben dem gesetzlichen ein zweites Recht gebildet, ein Recht der öffentlichen Meinung, der Gewohnheit und der durch Vernachlässigung entstandenen Verjährung.“
- Allerdings merkt man, dass die Erzählerin durchaus eine gewisse Sympathie für die Menschen dort hat:
(S4) „Soviel darf man indessen behaupten, daß die Form schwächer, der Kern fester, Vergehen häufiger, Gewissenlosigkeit seltener waren. Denn wer nach seiner Überzeugung handelt, und sei sie noch so mangelhaft, kann nie ganz zugrunde gehen, wogegen nichts seelentötender wirkt, als gegen das innere Rechtsgefühl das äußere Recht in Anspruch nehmen.“ - 4: „Holz- und Jagdfrevel waren an der Tagesordnung, und bei den häufig vorfallenden Schlägereien hatte sich jeder selbst seines zerschlagenen Kopfes zu trösten.“
- Das Dort B., in dem Friedrich Mergel aufwächst, (S4) „galt für die hochmütigste, schlauste und kühnste Gemeinde des ganzen Fürstentums.“ Hervorgehoben wird, dass „bei den häufig vorkommenden Scharmützeln der Vorteil meist auf seiten der Bauern blieb.“
- Also halten wir fest: Eine abgelegene Gegend mit eigenen Vorstellungen von Recht und Gesetz, im ständigen Kampf gegen die Förster als Vertreter der Ordnung – und meistens erfolgreich.
Teil 4: Die Familie, in die Friedrich hineingeboren wird
- S. 6: „Friedrichs Vater, der alte Hermann Mergel, war in seinem Junggesellenstande ein sogenannter ordentlicher Säufer, d.h. einer, der nur an Sonn- und Festtagen in der Rinne lag und die Woche hindurch so manierlich war wie ein anderer.“
- Noch auf S. 6: Die erste Frau behandelt dieser Mann so schlecht, dass sie schreiend davon läuft. Einige Zeit später versucht eine Frau, die sich für sehr Durchsetzungsstark hält, diesen Mann gewissermaßen auf den richtigen Weg zu bringen, aber auch das misslingt und so wächst Friedrich Merkel in einem ziemlich kaputten Elternhaus und in ärmlichen Verhältnissen auf.
- Aber als der Vater dann eines Tages tot aufgefunden wird, wird auf S. 11 doch deutlich, dass dieser Vater für Friedrich nicht nur negativ war: „Überhaupt hatte die Erinnerung an seinen Vater eine mit Grausen gemischte Zärtlichkeit in ihm zurückgelassen, wie denn nichts so fesselt, wie die Liebe und Sorgfalt eines Wesens, das gegen alles Übrige verhärtet scheint, und bei Friedrich wuchs dieses Gefühl mit den Jahren, durch das Gefühl mancher Zurücksetzung von seiten anderer. Es war ihm äußerst empfindlich, wenn, solange er Kind war, jemand des Verstorbenen nicht allzu löblich gedachte; ein Kummer, den ihm das Zartgefühl der Nachbarn nicht ersparte.“
- Insgesamt erklärt sich so, „warum Friedrich sich von der Gemeinschaft eher fern hält und ein eigenes Leben führt.“