Highlight-Hörbuch „Die Judenbuche“, Teil 2: Das Gedicht am Anfang

„Die Judenbuche“ – das Gedicht als Einstieg

Das Folgende kann man  als mp3-Datei herunterladen und dann direkt auf die eigene Textvorlage anwenden.

Textgrundlage: von Droste-Hülshoff, Annette. Die Judenbuche: Reclam XL – Text und Kontext (German Edition). Reclam Verlag. Kindle-Version

  1. Das Schöne an der „Judenbuche“ ist, dass man schon beim Betreten des Lektüre-Dschungels auf eine erste Lichtung geführt wird. Eine Stelle, über die man nachdenken kann – und die auch einen Rahmen für alles Kommende bildet. Dieses Gedicht gleich auf Seite 3 (in der Reclam-Ausgabe) spricht eine deutliche Warnung aus.
  2. Es geht in dem Gedicht offensichtlich um einen Menschen, der etwas Schlimmes getan hat. Und jetzt ist nicht gleich die Frage da, wie er bestraft werden sollte. Sondern es geht um Hintergründe für die Taten, für die man ein gewisses Verständnis aufbringen kann.
  3. Da ist in Zeile 2 von „beschränkten Hirnes Wirren“ die Rede, also von der Verwirrung im Kopf eines Täters.
  4. In Zeile 7 geht es um „ein arm verkümmert Sein“, also um einen Menschen, der sich nicht richtig hat entwickeln können.
  5. In Zeile 8 geht es um „eitlen Blutes Drang“: Später werden wir sehen, dass sich das auf die Hauptfigur der Erzählung bezieht, Friedrich Mergel, der so von einem anderen gereizt wird, dass er ihn im Wald in eine falsche Richtung und damit in den Tod schickt.
  6. Und in Zeile 11 ist dann von „Des Vorurteils geheimen Seelendieb“ die Rede – und wir werden sehen, dass auch Vorurteile in der Zeit der Geschichte eine Rolle spielen und zu schlimmen Taten führen.
  7. Nach all diesen Dingen, die man auch berücksichtigen soll, wird dann ab Zeile 12 noch einer drauf gesetzt: Jetzt geht es nicht mehr um den Täter, sondern den Leser als Beurteiler der Taten. Er wird angesprochen als „Du glücklicher“ – und dann geht es um einen Lebensweg in sehr viel besseren Verhältnissen.
  8. Dies alles bringt die Verfasserin oder genauer die Erzählerin zu der Warnung, man solle nicht so schnell mit einem Stein auf den Täter werfen, denn dabei könnte man sich auch selbst treffen.
  9. Insgesamt also ein Gedicht, das jeden ermahnt, nicht zu schnell jemanden zu verurteilen, sondern immer erste mal nachzuschauen oder nachzufragen, was möglicherweise zu einer „Untat“ geführt hat.
  10. An dieser Stelle noch eine allgemeine Information zu dieser Lektüre: Wir haben bisher von einer „Erzählung“ gesprochen, weil wir auf die Gattung noch genauer eingehen sollten: Genauer gesagt, es sich um eine sogenannte Novelle.
  11. Darunter versteht man eine Erzählung, die mehr ist als eine Kurzgeschichte und weniger als ein Roman. Vor allem soll sie eine „Neuigkeit“, also einen interessanten Fall präsentieren – und das darf durchaus ein bisschen spannend, manchmal sogar dramatisch ablaufen.
  12. Dabei spielt häufig ein bestimmter Gegenstand eine große Rolle und in diesem Falle ist es eben die so genannte Judenbuche. Bei ihr wird ein jüdischer Händler erschlagen aufgefunden – und das ist dann das entscheidende Ereignis, auf das alles zuläuft und das auch das Ende der Novelle bestimmt.
  13. Entstanden ist diese Novelle 1842 und das 19. Jahrhundert war eine Zeit, in der Schriftsteller gerne solche häufig recht spannenden Geschichten geschrieben haben. Diese spielt, wie es im Untertitel heißt, im gebirgigen Westfalen, wichtig ist das, weil es eine ziemlich abgelegene Gegend ist, in der die Menschen auch ganz eigene Denkweisen entwickeln, wie wir gleich sehen werden.
  14. Also halten wir fest, bevor es richtig losgeht:
    1. In dieser Novelle geht es um zwei Untaten, bei denen Menschen umkommen.
    2. Und die Hauptfigur, dieser Friedrich Mergel, ist an beiden Taten beteiligt – einmal indirekt und einmal sogar wohl direkt.
    3. Die ganze Novelle will nun diesen Täter nicht entschuldigen, wohl aber erklären, wie es zu zu all dem gekommen ist.
    4. Letztlich ist das wie vor Gericht, wo es nicht nur um die Tat geht, sondern auch um die Verhältnisse, die zu der Tat geführt haben.
    5. Vor allem können wir als Mahnung für uns selbst mitnehmen, dass man bei negativen Urteilen über andere Menschen sehr vorsichtig sein soll. Denn wenn man nicht alles fair berücksichtigt, spricht man sich auch selbst ein Urteil.

Holz, Arno, „Drei kleine Straßen“

Arno Holz

Drei kleine Strassen
mit Häuserchen wie aus einer Spielzeugschachtel
münden auf den stillen Marktplatz.
Der alte Brunnen vor dem Kirchlein rauscht,
die Linden duften.
Das ist das ganze Städtchen.
Aber draussen,
wo aus einem blauen, tiefen Himmel Lerchen singen,
blinkt der See und wogen Kornfelder.
Mir ist Alles wie ein Traum.
Soll ich bleiben? Soll ich weiterziehn?
Der Brunnen rauscht . . . die Linden duften.

  1. Das Gedicht besteht im wesentlichen aus drei Teilen:
    1. Im ersten Teil wird eine Art Kleinstadt-Idylle geschildert, der wird im zweiten Teil dann aber nicht etwa die große weite Welt mit ihren Metropolen entgegengestellt, sondern die Welt der Natur.
    2. Der letzte Teil setzt einmal den Akzent, dass das lyrische Ich hier in einen besonderen Zustand gerät, der weniger etwas mit nüchterner Überlegung als mit Träumen zu tun hat.
  2. Man kann davon ausgehen, dass hier reale oder auch vorgestellte Impressionen in erster Linie Gefühle auslösen. Überhaupt könnte man prüfen, inwieweit dieses Gedicht bis dahin die Kennzeichen des Impressionismus aufweist, indem einfach Eindrücke nebeneinander gestellt werden.
  3. Am Ende steht dann die Frage, ob das lyrische Ich in diesem kleinen Städtchen bleiben oder weiter ziehen Arno Holz. Offensichtlich ist es in fast romantischer Weise auf einer Wanderung.
  4. Bezeichnenderweise endet das Gedicht mit zwei Impressionen, die für die in Teil eins und Teil zwei angedeuteten Welten stehen und noch einmal verdeutlichen, was die Frage schon ausgedrückt hat.

Weiterführende Hinweise

  • Weitere Beispiele für erfolgreiches Verstehen von Gedichten finden sich hier.
  • Weitere Beispiel für Gedichte zum Thema „Reisen“, „Unterwegssein“ oder auch „Fremdsein“: hier
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  • Eine Übersicht über unsere Videos auf Youtube gibt es hier.

Zydek, Ute, „Eine Heimat nicht gefunden“

Aus urheberrechtlichen Gründen können wir das Gedicht hier nicht abdrucken, wir gehen davon aus, dass es vorliegt.

  1. Das Gedicht präsentiert gleich zu Beginn eine Situation, in der jemand seit langer Zeit auf der Flucht ist. Wir erfahren nichts Näheres darüber, wovor geflohen wurde.
  2. Entscheidend ist, dass der Betreffende nach dem Verlassen der Heimat keine neue gefunden hat.
  3. Die nächsten drei Zeilen heben dann die schmerzhafte Erfahrung hervor, dass das Nicht-Finden einer neuen Heimat vor allem damit zusammen hängt, dass man nirgendwo aufgenommen wurde.
  4. Das wird in einer Weise präsentiert, dass man an Not denkt und Hartherzigkeit.
  5. Die nächsten drei Zeilen sollen dann deutlich machen, dass es diesem lyrischen Ich gegangen ist wie einem Hund, der aus irgendeinem Grunde alleingelassen worden ist und ab dann nur noch schauen kann, wie er irgendwo überlebt, und dabei dabei sicherlich in ständiger Gefahr ist, von Steinen getroffen zu werden oder sonst wie in Gefahr zu geraten.
  6. Dabei hat es  durchaus auch mal so etwas wie Gemeinschaft gegeben, aber keine echte, sondern nur eine eben, wo man sich kurze Zeit sich jemandem anschließt.
  7. Dann das Fazit, dass zwei wesentliche Voraussetzung für ein menschenwürdiges Leben fehlen, nämlich Nahrung und Wärme.
  8. Der Schluss scheint dann etwas positiver zu werden, wenn gesagt wird, dass dieser Flüchtling zumindest hin und wieder in einer Herberge kurzzeitig rasten konnte, bevor es dann mit dem „Streunen“ weiterging.
  9. Immerhin hat das lyrische ich in diesen Herbergen, als kleinen Oasen der Menschlichkeit, etwas zu essen bekommen und auch ganz allgemein eine Reaktion, die als „Gnade“ empfunden wird.
  10. Am Ende bleibt die traurige Erfahrung, dass man eine Heimat verloren und keine neue gefunden hat.

Insgesamt ein Gedicht, dass wichtige Befindlichkeiten und Erfahrungen von Menschen auf der Flucht gut anspricht.

Die Frage ist, ob das Gedicht nicht insgesamt zu allgemein bleibt. Es bleiben sehr viele Fragen offen, zum Beispiel wovor geflohen worden ist, warum die Menschen sich nicht mehr um den Flüchtling gekümmert haben, was der Flüchtling auch selbst getan hat, um eine Heimat zu finden.

Wenn es die Stelle mit der Herberge nicht gäbe, könnte man dem Gedicht vorwerfen, dass es sehr pauschal und einseitig ist, zum Beispiel in keiner Weise auf die Menschen eingeht, die sich tatsächlich um Flüchtlinge gekümmert haben und dabei vielleicht nicht genügend Unterstützung bekommen haben.

Aber ein Denkanstoß, sich mit dem Leben von Menschen in Fluchtsituationen zu beschäftigen, enthält das Gedicht allemal.

Weiterführende Hinweise

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Muhammad Schams ad-Din Hafis, „Reiseziel“ – ein persisches Gedicht aus dem 14. Jhdt.

Im Folgenden  geht es um ein besonderes „Reisegedicht“ aus dem 14. Jahrhundert, das uns in der Übersetzung eines deutschen Dichters aus dem 19. Jhdt vorliegt.

Zu finden ist das Gedicht zum Beispiel auf der Seite:
https://www.gedichte-fuer-alle-faelle.de/allegedichte/gedicht_1692.html

Muhammad Schams ad-Din Hafis

Reiseziel

Nun ist das Leben an seinem Ziel
Und ohne Zweck war die Reise.
O Jüngling, rühre das Saitenspiel,
Schon morgen wirst du zum Greise.

  • Das Gedicht beginnt mit einer Art Klage des Lyrischen Ichs, das sich das Ende einer Lebensreise vorstellt, die zwar „an seinem Ziel“ angelangt ist, aber es „ohne Zweck“ erreicht hat.
  • Es hat also offensichtlich ein größerer Kontext, eine Aufgabe gefehlt.
  • Als einzige Möglichkeit wird noch gesehen, Musik zu machen, denn schon am folgenden Tag, also in kurzer Zeit wird man „zum Greise“.
  • Hier ist nicht ganz klar, welche Kommunikationssituation vorliegt. Am meisten überzeugt wohl ein Verständnis, bei dem das Lyrische Ich an sein Ende denkt und vor diesem Hintergrund einem jungen Menschen den Rat gibt, sich mit Musik das Leben angenehmer zu gestalten, denn das traurige Ende nahe schnell.

Das lecke Schiff und der morsche Kiel
In Meeren ohne Geleise,
Der Winde Ball und der Wellen Spiel
Unnütz gewirbelt im Kreise.

  • Die zweite Strophe präsentiert das Bild eines Schiffes,
  • das zunächst schon mal als seeuntüchtig vorgestellt wird
  • und dann auch noch in schweres Wetter gerät.
  • Interessant auch hier, dass wieder  von „unnütz“ die Rede ist, was zu dem fehlenden Zweck aus der ersten Strophe passt.

So viel gehofft und gewünscht so viel,
Getäuscht in jeglicher Weise,
Hindurch durchs ewige Widerspiel
Gequält von Glut und von Eise.

  • Die dritte Strophe konzentriert sich auf den Gegensatz zwischen den Hoffnungen und Wünschen und der Realität, bei der sich alles als Täuschung herausgestellt hat.
  • Das Leben wird verstanden als ein ständiges Hin und Her, bei dem der Mensch nur ein Spielball ist und sich dabei „gequält“ fühlt.

Nun sinkt die Rose auf mattem Stiel,
Die Blätter fallen vom Reise.
Nun ist das Leben an seinem Ziel
Und ohne Zweck war die Reise.

  • Die letzte Strophe nimmt dann noch mal den Ausgangspunkt wieder auf.
  • Der Mensch am Ende seines Lebens wird als Rose angesehen, deren Lebenszeit auch zu Ende geht und die ihre Blätter, also die Zeichen der Lebenskraft verliert.
  • Dann werden die Eingangszeilen wiederholt, was die Sinnlosigkeit unterstreicht.
  • Man hat den Eindruck, dass das Lyrische Ich damit signalisiert, es hätte sich alles dazwischen eigentlich auch sparen können.

(aus dem Persischen von Friedrich Rückert)

Zusammenfassung und kreativer Ausblick

Insgesamt wirkt das Gedicht sehr negativ, geht in keiner Weise auf Dinge ein, die ein Leben lebenswert machen – von der Schönheit der Natur bis zum Geheimnis der Liebe.

Vor diesem Hintergrund „schreit“ dieses Gedicht regelrecht nach einem Gegengedicht.

Man könnte zum Beispiel folgenden Ansatz versuchen:

Reiseweg

Wer stets nur ans Ziel denkt
des Lebens, den Tod,
wird blind für das Schöne
am Rand aller Wege,
die gehen man darf.

Aber auch Schatten
sind nützlich, sorgen für
Einhalt und schaffen
Erfahrung – sind Triebkraft
des Wachstums – man lernt
nur durch Schmerz.

Und wenn dann das Ende
der Reise sich naht.
Wohl dem, dessen Rückblick
voll Welt ist und Zweck.

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Sprachliche Mittel – Unterschiede bei Sachtexten und literarischen Texten

Worum es geht:

Letztens sind wir auf die Frage gestoßen, was eigentlich die „sprachlichen“ (oder künstlerischen oder rhetorischen) Mittel bei Sachtexten und bei literarischen Texten unterscheidet?

Wir haben hier noch keine endgültige Lösung, aber schon eine Hypothese – und die geht natürlich wieder von den Besonderheiten der beiden Textsorten aus.

Im wesentlichen wollen wir hier unseren Erkenntnisprozess einfach mal vorstellen.

Ausgangspunkt: Hypothese, dass die Mittel von der Eigenart der Texte abhängen.

  1. Sachtexte
    … stehen in einem bestimmten Kontext und wollen in ihm wirken. Am besten kann man das bei einer Rede sein. Die muss gar nicht politisch sein, es kann sich auch um die Ansprache eines Fußballtrainers handeln, dessen Mannschaft im nächsten Spiel um die Meisterschaft oder gegen den Abstieg kämpft.
  2. Literarische Texte
    … dagegen stehen in keinem bestimmten Kontext, auch wenn der Autor natürlich in einer bestimmten geschichtlichen oder auch persönlichen Situation schreibt.
    Grundsätzlich spielen literarische Texte aber gar nicht oder nur bis zu einem bestimmten Punkt in einer realen Welt – im wesentlichen schaffen sie eine eigene, und zwar eine fiktive, eine ausgedachte, die in der Form nur im Kopf des Autors existiert und mit Hilfe eines Erzählers oder eines Lyrischen Ichs oder auch über die Figuren auf der Bühne an im Prinzip unbekannte, höchstens gedachte Zuschauer oder Leser herangetragen wird.
  3. Einschränkung bzw. Erweiterung:
    Natürlich können in einem Roman Situationen sprachlich durchgespielt werden, die die typischen Mittel eines Sachtextes präsentieren, wenn es die denn gibt. Zum Beispiel kann eine Rede im Roman auftauchen, vielleicht sogar die des Fußballtrainers, an die wir oben gedacht haben.
  4. Nachjustierung unserer Hypothese
    Wir sollten deshalb eine Rede zum Beispiel einem Gedicht gegenüberstellen.
    In beiden Fällen spricht eine Person – im ersten Fall aber an reale Gegenüber, die es zu beeinflussen gilt.
    Im zweiten Falle dagegen hat das Lyrische Ich kein direktes Gegenüber, drückt sich zumindest in vielen Fällen zunächst einmal nur selbst aus, spricht gewissermaßen mit sich selbst und wir als Leser können daran teilhaben.

Kreative Idee

Als nächstes machen wir uns einfach mal auf die Suche nach geeigneten Beispielen. Und für die Deutschlehrer unter unseren Lesern haben wir sogar eine Idee:
Lassen Sie doch einfach mal Ihre Schüler einen Liebesbrief und ein Liebesgedicht schreiben. Dabei sollten möglichst viele sprachliche Mittel eingebaut werden, die zur jeweiligen Textsorte passen.
Und dann schauen wir mal, ob unsere Ausgangsidee wirklich trägt. Beziehungsweise: wie weit sie trägt.

Weiterführende Hinweise

  • Infos und Materialien zum Thema „sprachliche“, „künstlerische“ oder „rhetorische“ Mittel sammeln wir hier.
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Inhaltsangabe von Gedichten? Wie kann die aussehen?

Das Problem mit der Inhaltsangabe einzelner Gedichte

Immer wieder hört und liest man, dass Schüler zu Gedichten eine Inhaltsangabe schreiben sollen.

Das ist bestimmt sinnvoll und auch leicht machbar bei Balladen. Denn das sind ja eigentlich Erzählungen eines dramatischen Ereignisses in Gedichtform.

Nun aber zum Problem: Wie soll man eine Inhaltsangabe zu einem Gedicht schreiben, wenn dort nur einfach Gedanken geäußert und vielleicht noch etwas beschrieben wird.

Am besten schaut man sich das mal bei einem Beispiel an. Wir haben dieses Gedicht schon mal an anderer Stelle interpretiert
https://wvm.schnell-durchblicken3.de/morgenstern-christian-berlin/

Wenn man sich die Seite anschaut, sieht man am Ende noch besser, was der Unterschied sein könnte.

Das Video zum Thema

Die Dokumentation zum Video findet sich Mat1577 VidBegl Inhaltsangabe bei Gedichten.

Beispiel: Christian Morgenstern, „Berlin“

Wir orientieren uns an der Grundidee einer Inhaltsangabe. Dort soll man nämlich einem anderen, der den Text nicht kennt, einen Überblick über die wichtigsten Inhalte geben. Dazu gehört natürlich auch, dass man etwas zu dem Text selbst sagt, soweit das bei einem Gedicht möglich ist.

Christian Morgenstern

Berlin

01 Ich liebe dich bei Nebel und bei Nacht,
02 wenn deine Linien ineinander schwimmen, –
03 zumal bei Nacht, wenn deine Fenster glimmen
04 und Menschheit dein Gestein lebendig macht.

05 Was wüst am Tag, wird rätselvoll im Dunkel;
06 wie Seelenburgen stehn sie mystisch da,
07 die Häuserreihn, mit ihrem Lichtgefunkel;
08 und Einheit ahnt, wer sonst nur Vielheit sah.

09 Der letzte Glanz erlischt in blinden Scheiben;
10 in seine Schachteln liegt ein Spiel geräumt;
11 gebändigt ruht ein ungestümes Treiben,
12 und heilig wird, was so voll Schicksal träumt.

Versuch einer Inhaltsangabe:

  1. Das Gedicht ist 1906 entstanden.
  2. Präsentiert wird eine Art Liebeserklärung an Berlin, wobei vor allem der Übergang zur Nacht hervorgehoben wird.
  3. Der eher als wüst empfundene Tag erscheint dann für das Lyrische Ich mystisch. Hervorgehoben wird, dass die Menschheit dann eher wieder zu einer Einheit wird.
  4. Von besonderer Bedeutung scheint der Übergang zur Nacht zu sein, die als ein Ort verstanden wird, indem alles gebändigt erscheint, was dem Lyrischen Ich sogar heilig vorkommt.

Wichtig im Unterschied zu einer Interpretation ist, dass man sich hier wirklich auf den deutlich erkennbaren Inhalt konzentriert, d.h. es geht mehr um Themen und Aussagen dazu als um Figuren und Handlungen.

Vorschlag: Was gehört in eine Gedicht-Inhaltsangabe

Letztlich könnte man sagen, dass der Inhalt eines Gedichtes aus zwei Elementen besteht:

  1. Den Themen, die angesprochen werden.
  2. Und die Aussagen, die dazu gemacht werden oder beim Leser als Eindruck entstehen.

Letztlich ist das wie bei der „Inhaltsangabe“ zu einer Diskussion. Auch da macht es keinen Sinn, nacheinander wiederzugeben, was wer gesagt hat. Sondern es wird zusammengefasst, zu um welche Fragen es ging und was dabei deutlich geworden ist oder herausgekommen ist.

Die Inhaltsangabe bei der thematischen Kurz-Vorstellung von Gedichten

Im Video zeigen wir dann noch an drei Gedichten von Eichendorff, wie man dort durchaus sinnvoll mit Inhaltsangaben arbeiten kann – aber die ersetzen eben auch nicht irgendwie und vor allem schlecht eine Interpretation. Ihre Aufgabe ist es, kurz Gedichte unter einem bestimmten Aspekt vorzustellen.