Analyse einer Dramenszene: Überblick

Was versteht man unter einem Drama und einer Szene?

Ein Drama ist ein Stück, das auf der Bühne aufgeführt werden kann oder meistens auch wird.

Das Besondere: Es gibt normalerweise keinen Erzähler, sondern nur die Figuren, die miteinander sprechen und zwischendurch auch ein bisschen handeln.

Das Zuschlagen einer Tür wäre etwas, was auf einer Bühne ganz normal die Gefühle der Figur und ggf. das Gesagte unterstreicht.

Eine Prügelei allerdings ist nicht theatertypisch.

Eine Szene ist ein Teil eines Dramas – meistens dadurch bestimmt, dass wichtige Figuren die Bühne betreten oder verschwinden. Damit ändert sich die Situation auf der Bühne natürlich.

Solche Szenen gibt man in Deutscharbeiten gerne als Analyse-Aufgabe, weil sie in sich mehr oder weniger geschlossen sind.

Das Schaubild macht deutlich, dass man sich als Schüler meistens mit der Buchversion von Dramen links beschäftigt.

Gegeben ist dann aus den häufig 5 Akten  eine ganz bestimmte Szene, die wir hier rot markiert haben.

Es gibt allerdings auch Dramen, die weniger oder gar keine Akteinteilung haben, sondern zum Beispiel „Bilder“ präsentieren. Die funktionieren dann aber genauso wie Szenen.

Wie analysiert man eine Dramenszene?

  • Die gute Nachricht:
    Eine Dramenszene analysiert beziehungsweise interpretiert man genauso wie ein Gedicht oder eine Kurzgeschichte.

Das Bild zeigt die Besonderheiten einer Dramenszene im Hinblick auf die Analyse. Die liegt vor allem im Konflikt und der zugehörigen Figurenkonstellation. Wie bei einer Romanepisode gibt es zudem die Notwendigkeit der Einordnung in den Zusammenhang des gesamten Werkes. Andere Schritte der Analyse sind genauso wie bei einer Kurzgeschichte oder einem Gedicht.

Man sieht hier sehr gut, was bei der Analyse einer Dramenszene genauso ist wie bei einer Kurzgeschichte oder einem Gedicht (der untere Bereich).

Das Besondere ist der dramatische Konflikt, der zwischen Figuren auf einer Bühne ausgetragen wird – in der Regel ohne Erzähler o.ä.

Ein Punkt ist ähnlich wie bei einer Roman-Episode – nämlich die Notwendigkeit der Beschreibung des Werk-Kontextes.

  • Was das Besondere bei der Analyse einer Dramenszene ist:
    Natürlich gibt es ein paar Besonderheiten, die mit der Art des Textes zusammenhängen.

    • Zum einen handelt es sich eben um einen Auszug aus einem Theaterstück, d.h.: es gibt keinen Erzähler, sondern nur Figurenrede mit Regieanweisungen, damit man weiß, wie man das auf einer Bühne spielen könnte oder sollte.
    • Die zweite Besonderheit ist, dass es sich um einen Auszug aus einem größeren Werk handelt. Das gibt es aber wiederum genauso bei einer Episode aus einem Roman zum Beispiel.
  • D.h. die Analyse einer Dramenszene erfolgt in den folgenden Schritten:
    Wir geben hier erst mal nur einen Überblick und gehen in eigenen Beiträgen auf die jeweiligen Punkte ein.

    • 1. Einleitungssatz mit Angabe des Themas

    • 2. Einordnung in den Zusammenhang – vor allem: Welchen Stand hat der Konflikt erreicht, der zu jedem Drama gehört – und welche Elemente der „Vorgeschichte“ spielen in dieser Szene eine Rolle?
    • 3. Analyse der dramatischen Entwicklung in der Szene
      dabei ggf. eingehen auf die Figurenkonstellation
      aber auch schon besondere sprachliche oder andere Mittel
    • 4. Zusammenfassung der inhaltlichen Aussagen:
      (Intentionalität = „Absicht“ des Textes = das, worauf er hinausläuft)
      „Die Szene zeigt / macht deutlich …“
      (und dann möglichst differenziert, d.h. in einzelne Teilpunkte auseinandergezogen)
    • 5. Künstlerische Unterstützung der inhaltlichen Aussagen
      Also nicht einfach Mittel auflisten, sondern sie auf den Inhalt bzw. die Aussagen beziehen
    • 6. Gesamteinschätzung der Bedeutung der Szene
      • entweder: Was bedeutet sie für die Gesamtentwicklung
        Interpreten-Perspektive (der kennt bereits das ganze Stück)
      • oder: Welche Konsequenzen, Möglichkeiten ergeben sich für die weitere Entwicklung (hierbei geht man davon aus, dass für die Figuren in der Szene ja die weitere Entwicklung nicht schon bekannt ist)
        Figuren-Perspektive
    • 7. Sinnpotenzial der Szene
      Was kann man mit ihr (vor allem heute noch) anfangen?

Überblick über die Teile dieses Kurses

Diese Übersicht haben wir ausgelagert auf die folgende Seite:
https://textaussage.de/schnellkurs-szenenanalyse-das-besondere-am-drama-und-an-den-szenen

Weitere Infos, Tipps und Materialien

https://textaussage.de/weitere-infos

 

Bedeutung der Szene für das gesamte Drama

Die besondere Bedeutung von Szenen in einem Drama

Weil bei einem Drama immer ein Konflikt vorliegt, ist gewissermaßen jede Szene ein mehr oder weniger großes Rädchen im Gesamtgetriebe.

Rückblick auf den Inhalt der Szene I,2

Wir schauen uns das mal bei der  Szene an, die wir eben schon ausgewertet haben.

In „Wilhelm Tell“, I,2 ging es ja darum, dass neben einer ersten Gewaltaktion der Österreicher in I,1 (versuchte Vergewaltigung) nun eine zweite geschehen  ist, in Form einer Drohung gegenüber Stauffacher. Der kaiserliche Vogt hatte ja deutlich gemacht, dass er dem Schweizer Bauern sein schönes Haus nicht gönnt.

Die Szene I,2 macht nun deutlich, welche psychischen Folgen  sich für den Betroffenen durch eine solche Drohung ergeben. Zugleich wird deutlich, dass es mit seiner Frau jemanden gibt, der sich nicht seinen Ängsten hingibt, sondern die Situation nüchtern analysiert und überlegt, was man rechtzeitig gegen das ganze Bedrohungssystem tun kann.

Da es ihr gelingt, ihren Mann zu überzeugen, zeigt diese Szene einen ersten Auslöser für den immer größer werdenden Widerstand gegen die Österreicher. Stauffacher macht sich nämlich auf den Weg und bereitet schließlich mit anderen zusammen den Rütli-Schwur und damit den Aufstand vor.

Ein Aspekt, an den Schiller wohl nur zur Hälfte gedacht hat

Die Szene ist noch aus einem anderen Grund hochinteressant für unser Thema.

Denn was wir eben entwickelt haben, ist sicher ganz im Sinne Schillers und seiner Konzeption.

Wie wir schon häufig erwähnt haben, enthält aber jeder Text mehr, als der Verfasser hineingelegt hat. Das gilt besonders für literarische Texte.

Und so kam es sicher Schiller darauf an, zu zeigen, dass Frauen in der Realität eine größere Rolle gespielt haben schon in den damaligen Zeiten, als man dem Geschichtsbuch entnehmen kann. Denn dort geht es meistens nach dem Motto: „Cherchez la femme“ – und die Aufforderung meint eben, dass man die Frau immer im Hintergrund finden kann. Das ist eine gute und eine schlechte Nachricht für die Frauen: Sie leisten nämlich viel – aber es wird in den Geschichtsbüchern normalerweise nicht erwähnt.

In dem Punkt ist Schillers Szene sicher ein großer Pluspunkt.

Allerdings gibt es da eben auch den Schluss – und der zeigt etwas, woran Schiller wahrscheinlich nicht gedacht hat: Am Ende verweist Stauffacher seine Frau wieder auf den damals normalen Platz (in moderner Sprache): „Pass schön aufs Haus auf, verhalt dich klug und sei nett zu den Leuten“. Als ob diese Frau nicht schon bewiesen hätte, dass sie mindestens so klug und verantwortungsbewusst ist wie ihr Mann.

Langer Rede kurzer Sinn: Es gibt auch eine Bedeutung einer Szene für das Gesamtwerk, an die der Dichter möglicherweise gar nicht gedacht hat – wohl aber wir 😉

Ausblick auf eine moderne Abänderung des Schlusses

Wer übrigens wissen möchte, wie wir das für unser Kreativitäts-Kapitel genutzt haben, findet hier die Lösung.