„Judenbuche“, Teil 2: Friedrichs Kindheit

Friedrichs Kindheit

In der Novelle geht es nach dem Gedicht und die Vorstellung der Gegend und ihrer Bewohner um die Familie, in die Friedrich hineingeboren wird. Außerdem wird deutlich, wie er sich entwickelt.

Hier die mp3-Datei, die bis zum Erscheinen des Onkels reicht.

S. 5ff: Friedrichs Vater und seine erste Frau

Bevor Friedrich zur Welt kommt, geht es erst mal um zwei Frauen. Die erste ist nur ganz kurz die Frau seines Vaters – aber schauen wir mal in den Text, oben auf S. 6 geht es los.

  1. „Friedrichs Vater, der alte Hermann Mergel, war in seinem Junggesellenstande ein sogenannter ordentlicher Säufer, d.h. einer, der nur an Sonn- und Festtagen in der Rinne lag und die Woche hindurch so manierlich war wie ein anderer.
  2. So war denn auch seine Bewerbung um ein recht hübsches und wohlhabendes Mädchen ihm nicht erschwert. Auf der Hochzeit ging’s lustig zu. Mergel war gar nicht zu arg betrunken, und die Eltern der Braut gingen abends vergnügt heim;
  3. aber am nächsten Sonntage sah man die junge Frau schreiend und blutrünstig durchs Dorf zu den Ihrigen rennen, alle ihre guten Kleider und neues Hausgerät im Stich lassend.
  4. Das war freilich ein großer Skandal und Ärger für Mergel, der allerdings Trostes bedurfte.
  5. So war denn auch am Nachmittage keine Scheibe an seinem Hause mehr ganz, und man sah ihn noch bis spät in die Nacht vor der Türschwelle liegen, einen abgebrochenen Flaschenhals von Zeit zu Zeit zum Munde führend und sich Gesicht und Hände jämmerlich zerschneidend.
  6. Die junge Frau blieb bei ihren Eltern, wo sie bald verkümmerte und starb.
  7. Ob nun den Mergel Reue quälte oder Scham, genug, er schien der Trostmittel immer bedürftiger und fing bald an, den gänzlich verkommenen Subjekten zugezählt zu werden.“

S. 6/7: Die zweite Frau – Friedrichs spätere Mutter

Erstaunlicherweise heiratet dann eine andere Frau aus recht guten Verhältnissen diesen schon ziemlich verkommenen Trinker. Sie wird natürlich von allen gewarnt, antwortet darauf aber nur:

„Eine Frau, die von ihrem Manne übel behandelt wird, ist dumm oder taugt nicht: wenn’s mir schlecht geht, so sagt, es liege an mir.“

Der Erzähler macht dann aber ganz deutlich, was draus geworden ist (Seite 7 oben):

  1. „Der Erfolg zeigte leider, dass sie ihre Kräfte überschätzt hatte.
  2. Anfangs imponierte sie ihrem Manne; er kam nicht nach Haus oder kroch in die Scheune, wenn er sich übernommen hatte;
  3. aber das Joch war zu drückend, um lange getragen zu werden, und bald sah man ihn oft genug quer über die Gasse ins Haus taumeln, hörte drinnen sein wüstes Lärmen und sah Margreth eilends Tür und Fenster schließen.“

Und irgendwann ist sie dann in der gleichen Situation wie die erste Frau, muss aus dem Haus raus, sich fast verstecken – aber sie bleibt bei diesem Mann.

S. 7/8ff: Friedrichs Geburt, Tod des Vaters, Juden und Förster

Im zweiten Jahr der Ehe wird dann Friedrich geboren. Auch hier ist der Erzähler sehr deutlich und setzt dann einen interessanten Akzent (unten auf S. 7):

  1. „Das zweite Jahr dieser unglücklichen Ehe ward mit einem Sohne, man kann nicht sagen erfreut, denn Margreth soll sehr geweint haben, als man ihr das Kind reichte.
  2. Dennoch, obwohl unter einem Herzen voll Gram getragen, war Friedrich ein gesundes, hübsches Kind, das in der frischen Luft kräftig gedieh.
  3. Der Vater hatte ihn sehr lieb, kam nie nach Hause, ohne ihm ein Stückchen Wecken oder dergleichen mitzubringen, und man meinte sogar, er sei seit der Geburt des Knaben ordentlicher geworden; wenigstens ward der Lärmen im Hause geringer.“

Aber daraus wird dann auch nichts Gutes, weil der Vater in einer stürmischen Winternacht nicht nach Hause kommt und später tot aufgefunden wird.

Die Novelle konzentriert sich dann auf den Seiten 10/11 auf zwei Dinge, zum einen Vorurteile der Mutter gegenüber Juden (Mitte S. 10)

  1. „Als nach zwei Tagen die Leiche fortgetragen wurde, saß Margreth am Herde, das Gesicht mit der Schürze verhüllend.
  2. Nach einigen Minuten, als alles still geworden war, sagte sie in sich hinein: ‚Zehn Jahre, zehn Kreuze. Wir haben sie doch zusammen getragen, und jetzt bin ich allein!‘
  3. dann lauter: ‚Fritzchen, komm her!‘ –
  4. Friedrich kam scheu heran; die Mutter war ihm ganz unheimlich geworden mit den schwarzen Bändern und den verstörten Zügen.
  5. ‚Fritzchen,‘ sagte sie, ‚willst du jetzt auch fromm sein, daß ich Freude an dir habe, oder willst du unartig sein und lügen, oder saufen und stehlen?‘ – ‚Mutter, Hülsmeyer stiehlt.‘ – ‚Hülsmeyer? Gott bewahre! Soll ich dir auf den Rücken kommen? wer sagt dir so schlechtes Zeug?‘ – ‚Er hat neulich den Aaron geprügelt und ihm sechs Groschen genommen.‘ – ‚Hat er dem Aaron Geld genommen, so hat ihn der verfluchte Jude gewiß zuvor darum betrogen. Hülsmeyer ist ein ordentlicher, angesessener Mann, und die Juden sind alle Schelme.‘ – ‚Aber, Mutter, Brandis sagt auch, daß er Holz und Rehe stiehlt.‘ – ‚Kind, Brandis ist ein Förster.‘ – ‚Mutter, lügen die Förster?“

Und das ist dann Gelegenheit, Stellung zu nehmen zu den sogenannten „Holzfreveln“:

„Margreth schwieg eine Weile; dann sagte sie: ‚Höre, Fritz, das Holz läßt unser Herrgott frei wachsen und das Wild wechselt aus eines Herren Lande in das andere; die können niemand angehören. Doch das verstehst du noch nicht; jetzt geh in den Schoppen und hole mir Reisig.‘

Das ist dann schon die Überleitung zu einer entscheidenden Veränderung im Leben Friedrichs.

Wichtig ist aber auch noch die Erinnerung, die Friedrich an seinen Vater behält und was sie mit ihm macht. Oben auf S. 11 heißt es:

  1. „Friedrich hatte seinen Vater auf dem Stroh gesehen, wo er, wie man sagt, blau und fürchterlich ausgesehen haben soll.
  2. Aber davon erzählte er nie und schien ungern daran zu denken.
  3. Überhaupt hatte die Erinnerung an seinen Vater eine mit Grausen gemischte Zärtlichkeit in ihm zurückgelassen, wie denn nichts so fesselt, wie die Liebe und Sorgfalt eines Wesens, das gegen alles Übrige verhärtet scheint, und bei Friedrich wuchs dieses Gefühl mit den Jahren, durch das Gefühl mancher Zurücksetzung von seiten anderer.“

Dann wird noch auf S. 11 darauf eingegangen, dass in dem Dorf die Sitte herrscht, alle, die durch ein Unglück umgekommen sind, für eine Art Gespenst zu halten. Interessant, wie Friedrich darauf reagiert (unten auf S. 11):

„Friedrich musste von andern Knaben vieles darüber hören; dann heulte er, schlug um sich, stach auch einmal mit seinem Messerchen und wurde bei dieser Gelegenheit jämmerlich geprügelt. Seitdem trieb er seiner Mutter Kühe allein an das andere Ende des Tales, wo man ihn oft stundenlang in derselben Stellung im Grase liegen und den Thymian aus dem Boden rupfen sah.“

Man merkt also deutlich, wie sehr Friedrich sich zum Einzelgänger und Außenseiter entwickelt.

S. 11/12: Friedrich wird dem Onkel Simon Semmler übergeben

Das kann man sich hier auch als mp3-Datei „auf die Ohren legen“.

Friedrichs Leben ändert sich völlig, als sein Onkel eines Tages vorbeikommt und mit seiner Mutter einen Deal macht: Er wird so eine Art Pate und darf über einen großen Teil seines Arbeitstages bestimmen, dafür wird Friedrich eines Tages sein Erbe.

Interessant ist, wie dieser Mann oben auf S. 12 vorgestellt wird:

  1. „Simon Semmler war ein kleiner, unruhiger, magerer Mann mit vor dem Kopf liegenden Fischaugen und überhaupt einem Gesicht wie ein Hecht, ein unheimlicher Geselle,
  2. bei dem dicktuende Verschlossenheit oft mit ebenso gesuchter Treuherzigkeit wechselte,
  3. der gern einen aufgeklärten Kopf vorgestellt hätte und statt dessen für einen fatalen, Händel suchenden Kerl galt, dem jeder um so lieber aus dem Wege ging,
  4. je mehr er in das Alter trat, wo ohnehin beschränkte Menschen leicht an Ansprüchen gewinnen, was sie an Brauchbarkeit verlieren. „

Als Friedrich dann mit seinem Onkel durch den Wald abzieht, wundert man sich als Leser nicht, dass schnell die Frage kommt (oben auf S. 15):

„‚Trinkst du gern Branntwein?’ – Der Knabe antwortete nicht. ‘Ich frage, trinkst du gern Branntwein? Gibt dir die Mutter zuweilen welchen?’ – ‘Die Mutter hat selbst keinen,’ sagte Friedrich. – ‘So, so, desto besser!“

Offensichtlich sieht der Onkel hier eine gute Möglichkeit, den Jungen in seinem Sinne zu erziehen.

Im weiteren Verlauf zeigt der Onkel dann Friedrich auch noch den Platz, an dem man seinen Vater tot gefunden hat und erklärt auch so ganz nebenbei, dass er „in der Betrunkenheit ohne Buße und Ölung zum Teufel gefahren“ sei (unten auf S. 16). Friedrich ist denn auch völlig empört und der Onkel lenkt schnell ein. „Dein Vater war übrigens eine gute Seele; Gott wird’s nicht so genau mit ihm nehmen. Ich hatt‘ ihn so lieb wie meinen eigenen Bruder. “

Aber man merkt auf jeden Fall, dass dieser Mann keinen guten Einfluss auf den Jungen haben kann.

S. 17-20: Friedrich zeigt sich stark und bringt Johannes mit

Am nächsten Morgen gibt es dann eine wichtige Szene, weil plötzlich ein Junge auftaucht, den Friedrichs Mutter zunächst für ihren Sohn hält. Er verhält sich aber ganz komisch, vor allem sehr scheu und ängstlich.

Dann taucht aber plötzlich auch Friedrich auf und zeigt sich ganz anders, ziemlich selbstbewusst und man hat den Eindruck, dass er jetzt über diesem anderen Jungen steht, der Johannes Niemand heißt, weil er Schweinehirt ist und keinen Vater hat.

Auf S. 18 oben wird Friedrichs neue Haltung deutlich:

„So ging er gerade auf sein verkümmertes Spiegelbild zu, seinerseits mit einer Haltung bewusster Würde und Selbständigkeit, die in diesem Augenblicke den Unterschied zwischen beiden sonst merkwürdig ähnlichen Knaben stark hervortreten ließ.
‘Da, Johannes!’ sagte er und reichte ihm mit einer Gönnermiene das Kunstwerk; ‘da ist die Violine, die ich dir versprochen habe. Mein Spielen ist vorbei, ich muß jetzt Geld verdienen.’“

Wichtig ist, dass die beiden sich sehr ähnlich sehen und Friedrichs Mutter klar wird, dass Johannes wohl ein unehelicher Sohn ihres Bruders ist. Das findet sie ganz schlimm (S. 19/20):

„Als beide Knaben fort waren, warf sich Margreth auf einen Stuhl und schlug die Hände mit dem Ausdruck des tiefsten Jammers zusammen. Ihr Gesicht war bleich wie ein Tuch. ‘Ein falscher Eid, ein /  falscher Eid!’ stöhnte sie. ‘Simon, Simon, wie willst du vor Gott bestehen!’“

Halten wir fest:

In diesem zweiten Teil

  1. ist deutlich geworden, wie gewalttätig Friedrichs Vater ist,
  2. wie sehr seine Mutter darunter leidet, aber trotzdem aushält,
  3. dass Friedrich eine besondere Beziehung zu seinem Vater hat, weil der ihn besser behandelt als alle anderen,
  4. dass ihn deshalb sein Tod auch besonders schmerzt und er es schlimm findet, dass man den Toten jetzt für ein Gespenst hält,
  5. und dass er sich deswegen sogar mit anderen Kindern prügelt und schließlich ein Einzelgänger wird,
  6. dass sein Onkel eine sehr zwielichtige Figur ist, was man gut daran sehen kann, dass er Friedrich gleich zum Alkoholgenuss verführen will und erst schlecht über seinen Vater spricht, dann aber schnell umschwenkt, was nicht überzeugt,
  7. dass Friedrich am Ende gewissermaßen aufsteigt und stark an Selbstbewusstsein gewinnt.

 

 

„Judenbuche“, Teil 3: 20ff: Friedrichs Entwicklung zu immer mehr Selbstständigkeit

S. 21 bis S. 35: Friedrichs Aufstieg und seine Rache am Oberförster

S. 21: Ende der Träumerei bei Friedrich und Stolz seiner Mutter

  1. S. 21: Friedrichs Veränderungen in der Zusammenarbeit mit seinem Onkel
    1. „Von dieser Zeit an war Friedrich selten mehr zu Hause.
    2. Simon schien alle wärmern Gefühle, deren er fähig war, dem Schwestersohn zugewendet zu haben; wenigstens vermisste er ihn sehr und ließ nicht nach mit Botschaften, wenn ein häusliches Geschäft ihn auf einige Zeit bei der Mutter hielt.
    3. Der Knabe war seitdem wie verwandelt, das träumerische Wesen gänzlich von ihm gewichen, er trat fest auf, fing an, sein Äußeres zu beachten und bald in den Ruf eines hübschen, gewandten Burschen zu kommen.
    4. Sein Ohm, der nicht wohl ohne Projekte leben konnte, unternahm mitunter ziemlich bedeutende öffentliche Arbeiten, z.B. beim Wegbau, wobei Friedrich für einen seiner besten Arbeiter und überall als seine rechte Hand galt; denn obgleich dessen Körperkräfte noch nicht ihr volles Maß erreicht hatten, kam ihm doch nicht leicht jemand an Ausdauer gleich.
    5. Margreth hatte bisher ihren Sohn nur geliebt, jetzt fing sie an, stolz auf ihn zu werden und sogar eine Art Hochachtung vor ihm zu fühlen, da sie den jungen Menschen so ganz ohne ihr Zutun sich entwickeln sah, sogar ohne ihren Rat, den sie, wie die meisten Menschen, für unschätzbar hielt und deshalb die Fähigkeiten nicht hoch genug anzuschlagen wußte, die eines so kostbaren Förderungsmittels entbehren konnten.

21ff: Friedrich zwischen „Dorfelegant“ und einsamem Viehhirten

  1. Auf den Seiten 21/22 wird dann Friedrichs Entwicklung zum „Dorfelegant“geschildert, er erwirbt sich also ein gewisses Ansehen.
  2. „In seinem achtzehnten Jahre hatte Friedrich sich bereits einen bedeutenden Ruf in der jungen Dorfwelt gesichert, durch den Ausgang einer Wette, infolge deren er einen erlegten Eber über zwei Meilen weit auf seinem Rücken trug, ohne abzusetzen.
  3. Indessen war der Mitgenuss des Ruhms auch so ziemlich der einzige Vorteil, den Margreth aus diesen günstigen Umständen zog, da Friedrich immer mehr auf sein Äußeres verwandte und allmählich anfing, es schwer zu verdauen, wenn Geldmangel ihn zwang, irgend jemand im Dorf darin nachzustehen.
  4. Zudem waren alle seine Kräfte auf den auswärtigen Erwerb gerichtet; zu Hause schien ihm, ganz im Widerspiel mit seinem sonstigen Rufe, jede anhaltende Beschäftigung lästig, und er unterzog sich lieber einer harten, aber kurzen Anstrengung, die ihm bald erlaubte, seinem frühern Hirtenamte wieder nachzugehen,
  5. was bereits begann, seinem Alter unpassend zu werden, und ihm gelegentlichen Spott zuzog, vor dem er sich aber durch ein paar derbe Zurechtweisungen mit der Faust Ruhe verschaffte.
  6. So gewöhnte man sich daran, ihn bald geputzt und fröhlich als anerkannten Dorfelegant an der Spitze des jungen Volks zu sehen, bald wieder als zerlumpten Hirtenbuben einsam und träumerisch hinter den Kühen herschleichend, oder in einer Waldlichtung liegend, scheinbar gedankenlos und das Moos von den Bäumen rupfend“

S. 22ff: Die Bande der Blaukittel

In dieser Zeit tritt eine Bande auf, die das ziemlich normale Treiben der Dorfbewohner im Wald und auf der Jagd gewissermaßen professionell betreibt. Die Förster kämpfen vergeblich dagegen an – die Frevler sind einfach zu intelligent und vorsichtig und haben anscheinend mit den Dorfleuten nichts zu tun.

S. 23: Der Juli 1756 schicksalhafte Begegnung mit dem Oberförster – Die Beleidigung, Rache und die Folgen

  1. In einer Nacht kommt es dann zu einer schicksalhaften Begegnung zwischen Friedrich und dem Oberförster, der die Blaukittel mit seinen Leuten jagt.
    Bei dem Treffen im Wald beleidigt der Beamte Friedrich und seine Mutter:
    S. 25/26: „Als einer nach dem andern im Dickicht verschwunden war, trat Brandis dicht vor den Knaben: »Friedrich,« sagte er mit dem Ton unterdrückter Wut, »meine Geduld ist zu Ende; ich möchte dich prügeln wie einen Hund, und mehr seid ihr auch nicht wert. Ihr Lumpenpack, dem kein Ziegel auf dem Dach gehört!
  2. Bis zum Betteln habt ihr es, gottlob, bald gebracht, und an meiner Tür soll deine Mutter, die alte Hexe, keine verschimmelte Brodrinde bekommen.
  3. Aber vorher sollt ihr mir noch beide ins Hundeloch!«
  4. Friedrich griff krampfhaft nach einem Aste. Er war totenbleich und seine Augen schienen wie Kristallkugeln aus dem Kopfe schießen zu wollen. Doch nur einen Augenblick. Dann kehrte die größte, an Erschlaffung grenzende Ruhe zurück“.
  5. S. 26: Wie man später erfährt, hat Friedrich sich entschieden, dem Oberförster ein die Richtung zu schicken, in der die Blaukittel aktiv sind und denen er dann auch zum Opfer fällt.
  6. S. 28: Nachricht vom Tod des Oberförsters
  7. S. 29/30: Johannes holt Friedrich zum Onkel – die Mutter findet das gar nicht gut, dann heißt es aber von Friedrich: „Was sein muß, schickt sich wohl“.
    „Ach Gott,« seufzte die Mutter, »wenn die Kinder klein sind, treten sie uns in den Schoß, und wenn sie groß sind, ins Herz!“

S. 30ff: Die gerichtliche Untersuchung

  1. S. 30: gerichtliche Untersuchung
  2. S. 31: Verhör Friedrichs mit dem Trick des Geschichtsschreibers
  3. S. 32: Einmischung des Erzählers, was den Ausgang der Untersuchung angeht:
    „Denjenigen, die vielleicht auf den Ausgang dieser Begebenheit gespannt sind, muss ich sagen, dass diese Geschichte nie aufgeklärt wurde, obwohl noch viel dafür geschah und diesem Verhöre mehrere folgten. Den Blaukitteln schien durch das Aufsehen, das der Vorgang gemacht und die darauf folgenden geschärften Maßregeln der Mut genommen; sie waren von nun an wie verschwunden, und obgleich späterhin noch mancher Holzfrevler erwischt wurde, fand man doch nie Anlaß, ihn der berüchtigten Bande zuzuschreiben. Die Axt lag zwanzig Jahre nachher als unnützes Corpus delicti im Gerichtsarchiv, wo sie wohl noch jetzt ruhen mag mit ihren Rostflecken. Es würde in einer erdichteten Geschichte unrecht sein, die Neugier des Lesers so zu täuschen. Aber dies alles hat sich wirklich zugetragen; ich kann nichts davon oder dazutun.“
    Hier spielt Annette von Droste-Hülshoff allerdings  ein bisschen rum: Denn wenn es auch Ereignisse gegeben hat, die als Vorlage gedient haben, ist die dichterische Gestaltung natürlich ganz ihre Sache.
  4. S. 32/33: Friedrich wird von seinem Onkel von der Beichte abgehalten – bezeichnenderweise mit einem falschen Zitat aus der Bibel:
    „Friedrich, wohin?“ flüsterte der Alte. –
    „Ohm, seid Ihr’s? Ich will beichten gehen.“ –‘
    „Das dacht‘ ich mir; geh in Gottes Namen, aber beichte wie ein guter Christ.“ –
    „Das will ich,“ sagte Friedrich. –
    „Denk an die zehn Gebote: du sollst kein Zeugnis ablegen gegen deinen Nächsten.“ – »Kein falsches!« –
    „Nein, gar keines; du bist schlecht unterrichtet; wer einen andern in der Beichte anklagt, der empfängt das Sakrament unwürdig.“
    „Ich habe schwere Schuld,“ seufzte Friedrich, „dass ich ihn den unrechten Weg geschickt – obgleich – doch, dies hab‘ ich nicht gedacht, nein, gewiss nicht. Ohm, ich habe Euch ein schweres Gewissen zu danken.“
    „So geh, beicht!“ flüsterte Simon mit bebender Stimme; „verunehre das Sakrament durch Angeberei und setze armen Leuten einen Spion auf den Hals, der schon Wege finden wird, ihnen das Stückchen Brod aus den Zähnen zu reißen, wenn er gleich nicht reden darf – geh!“
    Friedrich stand unschlüssig; er hörte ein leises Geräusch; die Wolken verzogen sich, das Mondlicht fiel wieder auf die Kammertür: sie war geschlossen. Friedrich ging an diesem Morgen nicht zur Beichte. –

    Auswertung der Textstelle:
    Ganz offensichtlich hat sein Onkel was mit den Blaukitteln zu tun und Friedrich hat den Oberförster wohl in die Richtung geschickt, in der er dann ein Opfer der Blaukittel wurde.
  5. S. 35: Hinweis auf die weitere Entwicklung Friedrichs

    „Der Eindruck, den dieser Vorfall auf Friedrich gemacht, erlosch leider nur zu bald. Wer zweifelt daran, daß Simon alles tat, seinen Adoptivsohn dieselben Wege zu leiten, die er selber ging? Und in Friedrich lagen Eigenschaften, die dies nur zu sehr erleichterten: Leichtsinn, Erregbarkeit, und vor allem ein grenzenloser Hochmut, der nicht immer den Schein verschmähte, und dann alles daran setzte, durch Wahrmachung des Usurpierten möglicher Beschämung zu entgehen. Seine Natur war nicht unedel, aber er gewöhnte sich, die innere Schande der äußern vorzuziehen. Man darf nur sagen, er gewöhnte sich zu prunken, während seine Mutter darbte.
    Diese unglückliche Wendung seines Charakters war indessen das Werk mehrerer Jahre“.