Nathan – Drama-Roman-Vergleich: Vorüberlegungen

Vergleich des Lessing-Dramas „Nathan der Weise“ mit dem Roman von Mirjam Pressler

Das Folgende sind erst mal Projekt-Ideen. Wir bauen das im Laufe der Zeit aus.

Grundidee

Die Grundidee dieser Facharbeit ist, das berühmte Drama „Nathan der Weise“ mit dem auch schon recht bekannten und beliebten Roman von Mirjam „Nathan und seine Kinder“ zu vergleichen.

Dabei geht es auch um inhaltliche Veränderungen, vor allem aber um die Frage: Inwieweit wird im Vergleich besonders gut deutlich, was ein Theaterstück leisten kann und worin die Stärken – und ggf. auch die Schwächen eines Romans liegen, der sich immerhin vom Stück ausgeht.

Grundsätzliche Unterschiede zwischen Drama und Roman

  1. Der entscheidende Unterschied liegt im Erzähler: Er vermittelt im Roman alles, was man zu lesen bekommt, mischt sich dabei vielleicht auch ein oder versteckt sich hinter Figuren – wie es in Presslers Roman gleich am Anfang auffällt.
  2. Im Drama gibt es keinen Erzähler, alles muss von den Figuren im Bühnenbild präsentiert werden.
  3. Und das bedeutet einen im Normalfall einen absoluten Vorrang der Sprache.
  4. Alles, was ein Mensch darüber hinaus noch ausdrücken kann – über Gestik oder Minenspiel, muss eben von den Schauspielern umgesetzt werden, wird nicht erzählt.
  5. Letztlich enthält ein Drama meist auch einen Konflikt, der sich dramaturgisch entfaltet – ein Roman muss so etwas nicht in gleichem Maße haben.
  6. Man kann es auch auf die Formel bringen: Ein Drama gestaltet eben einen Konflikt, ein Roman dafür eine ganze Welt. Von daher wird es besonders spannend sein zu sehen, welche Bereiche der Welt im Roman zusätzlich hinzukommen.

Von daher wird es spannend, die beiden Varianten des Nathan-Ringparabel-Stoffs zu vergleichen.

Vorläufige Auswahl spezieller Untersuchungspunkte

Hier halten wir einfach schon mal die interessantesten Aspekte fest, die uns beim Lesen und Vergleichen aufgefallen sind:

  1. Der Einstieg: Wie überzeugend ist es, im 1. Kapitel mit einer Außensicht zu starten  – statt mit der direkten Konfrontation zwischen dem Heimkehrer Nathan und denen, die den Brand erlebt haben.
  2. Die Vorgeschichte Dajas im 2. Kapitel präsentiert die Kreuzzungsbegeisterung und die extreme Frömmigkeit der Großmutter sehr gut.
  3. Im 3. Kapitel werden die Umstände des traumatischen Verlustes der Familie von Nathan sehr viel deutlicher als an der entsprechenden Stelle im Drama.
  4. Außerdem wird auf Nathans Verhältnis zu Gott viel stärker eingegangen – es erinnert sehr stark an Hiob. Insgesamt merkt man schon deutlich, wie sehr Lessing Religionsfragen zurückgestellt hat zugunsten einer recht optimistischen Aufklärungshoffnung.
  5. Im 4. Kapitel könnte man schauen, ob dort die Engel-Variante nicht schneller verworfen wird als im Drama – und was sich daraus für Veränderungen ergeben bzw. wodurch das vielleicht motiviert ist (etwa geringere Bedeutung von Engeln in unserer Zeit).
  6. Im 5. Kapitel wird es spannend, weil der Tempelritter zum einen sehr viel genauer auf seine traumatische Erfahrung der Ermordung seiner Waffengefährten eingeht,
  7. zum anderen ist die Verlagerung der Verhandlungen mit dem Patriarchen in dessen Schlafzimmer interessant. Hier hat man den Eindruck, dass das geschickte und zugleich manipulative Vorgehen des Patriarchen im Drama sehr viel besser herauskommt.
  8. Auch könnte man noch Beschreibungsteile einbeziehen, die in der Form im Drama nicht präsentiert werden (können) und dann überlegen, welche Intention dadurch wie unterstützt wird.
    Hier bietet sich Rechas Selbstbetrachtung vor dem Spiegel an.
  9. Wir setzen das hier noch fort …

Ausgangspunkt – Anlass für diese Arbeit

Ausgangspunkt für die Idee zu dieser Facharbeit war ein erster Eindruck beim Lesen des Romans. Wir hatten uns vorher intensiv mit dem Theaterstück beschäftigt und dessen Ansatz und Eigenart gewissermaßen wie eine Melodie im Kopf.

Und dann fiel uns gleich am Anfang auf, dass die gleiche Geschichte, nämlich der Brand von Nathans Haus und Rechas Rettung durch den Tempelherrn im Roman völlig anders „überkam“.

Wir werden darauf noch genauer eingehen. Soviel sei hier schon mal festgehalten: Während im Theaterstück der Schrecken, die Erschütterung und dann die Erleichterung Nathans selbst den Leser der Buchausgabe voll erreichen, wirkt die Erzählvariante ziemlich distanziert.

Das ist jetzt kein Vorwurf an den Roman – es ist nur eine Feststellung.

Und was solche Feststellungen angeht, so erhoffen wir uns im Laufe der Arbeit noch einige mehr.

Nutzung des Romans in der Schule

Offen ist die Frage, ob eine intensive Parallel- oder Zweitbeschäftigung mit dem Roman nach der Lektüre und Besprechung des Dramas nicht zu Verwischungen führt. Man weiß dann hinterher möglicherweise gar nicht mehr, ob ein Detail zum Drama oder allein zum Roman gehört.