Kirsch, Sarah, „Bei den weißen Stiefmütterchen“

Wie baut sich im Gedicht Verständnis auf?

Gleich am Anfang wird deutlich, dass der Titel einen Treffpunkt in einem Park meint. Das Gedicht beginnt mit einer lapidaren Ortsbestimmung und dem Hinweis, dass ein „er“ dem lyrischen Ich aufgetragen hat, dort hinzukommen, und jetzt erwartet wird.

Die Anzeichen der Enttäuschung

Der Rest der ersten Strophe wird dann immer negativer: Zunächst wird deutlich, dass das Lyrische Ich alleine dort steht, dann wird geschildert, wie der Baum an dem Treffpunkt aussieht: drei Merkmale, die alle nichts Schönes bedeuten: „ungekämmt“, „alt“ und „blattlos“. Das kann als Vorausdeutung auf die Beziehungssituation verstanden werden.

Am Ende zieht dann die Weide daraus die Konsequenz, indem sie das ausdrückt, was das Lyrische Ich denkt: „Siehst du sagt sie er kommt nicht.“

Der Versuch der Verharmlosung

Die zweite Strophe besteht dann aus vier Entschuldigungen, die sich das Lyrische Ich einfallen lässt, um der schlimmstmöglichen Erklärung für sein Nicht-Erscheinen auszuweichen.

Die Art und Weise der Formulierung lässt schon etwas den selbstkritischen Humor durchscheinen, der dieses Gedicht auszeichnet. Interessant auch, dass hier von „uns Menschen“ die Rede ist – wieder ein Beleg für Humor, wenn man sich selbst einbezieht und Verständnis zeigt.

Die schlimmstmögliche Erklärung

  • Die Weide reagiert darauf mit der schlimmstmöglichen Erklärung: „Kann auch sein er ist schon tot“. Das wird dann noch näher ausgeführt (anscheinend war das schon früher ein Treffpunkt): „Sah blaß aus als er dich untern Mantel küßte“.

Echte Liebe, wenn auch vielleicht nur noch einseitig

  • Darauf reagiert das Lyrische Ich zunächst sehr gelassen: „Kann sein Weide kann sein“, bevor dann zum grandiosen Finale ausgeholt wird. Es klingt zwar wie ein locker dahingesagter Scherz: „So wollen wir hoffen er liebt mich nicht mehr.“ Aber es steckt doch ein großes Zeichen von Menschlichkeit und Mitgefühl drin – selbst mit einem, der einen hier versetzt hat. Statt jetzt zu schimpfen oder dem anderen die Pest an den Hals zu wünschen möchte dieses Lyrische Ich, dass dem wohl immer noch Geliebten nichts Böses passiert ist – eher ist es bereit, zu akzeptieren, dass die Liebe von seiner Seite aus zu Ende ist.