Kurzgeschichte – Eigenart und Entwicklung

Eigenart und Merkmale der Kurzgeschichte

  1. ist im wesentlichen ein Ausschnitt aus einem Leben, der aber Bedeutung hat, etwas zeigt, vielleicht auch einen Wendepunkt darstellt.
  2. Sie hat meistens einen direkten Einstieg
  3. und häufig auch ein mehr oder weniger offenes Ende.
  4. Die Sprache ist häufig eher Alltagssprache, was mit Punkt 1, dem normalen Leben, zusammenhängt.

Entwicklung:

  1. Entstanden ist die Kurzgeschichte als „short story“ im angloamerikanischen Bereich.
  2. In Deutschland hat sie sich im wesentlichen nach dem Zusammenbruch Deutschlands nach dem Nationalsozialismus durchgesetzt und steht zunächst in einem engen Zusammenhang mit der sogenannten „Trümmerliteratur“.
  3. Diese Kurzgeschichten bilden in ihrer ausschnittartigen Kürze ein Gegenmodell zu den großen Welterklärungskonzepten, wie sie sich in Romanen finden.
  4. Auch ist das Überleben nach dem Krieg eher durch kleine Situationen und Entscheidungen gekennzeichnet. Die Bewältigung von Massenmord und Krieg kann so angerissen werden, ohne alles gleich in große Erklärungszusammenhänge stellen zu müssen.
  5. Dies und die einfache Sprache stellen auch einen Kontrast dar zu einer Literatur, die ja in der Zeit der Diktatur gerade in Verruf geraten war. Das scheinbar Schöne konnte eben auch verführerisch sein und missbraucht werden.
  6. Die Menschen werden gewissermaßen „in echt“ gezeigt, in ihrer Schwäche, aber auch immer wieder in ihrer Größe. Von Heinrich Böll soll der Ausspruch stammen – im Hinblick auf Borcherts Kurzgeschichte „Das Brot“, dass sich dort „das ganze Elend und die ganze Größe des Menschen“ zeige. Da ist nämlich der Mann, der seiner Frau einen Teil des ihr zustehenden Brotes wegisst – und da ist eine Frau, die es ihm nicht vorhält, sondern versucht, ihm jede Peinlichkeit zu ersparen und ihm sogar zu helfen.
    (Zitiert nach Timotheus Schwake, Klassische Kurzgeschichten, Einfach Deutsch, 2008, S. 10)

Weiterführende Hinweise

Literatur – Spielraum für Kreative

Literatur kann so etwas Schönes sein. Leider wird sie so in der Schule selten vorgestellt.

Denn was ist sie eigentlich: Doch nichts anderes, als dass ich die Grenzen der Wirklichkeit überspringe.

Sei es, dass ich mir eine Geschichte ausdenke …

Oder aber ein paar Leute auf einer fiktiven Rollen-Bühne miteinander diskutieren lasse …

Oder aber einfach mal auf eine besondere Weise „raushaue“, was mich bewegt.

In der Schule ist man dann schnell bei den Grundgattungen der Literatur, der Epik, der Dramatik und der Lyrik.

Aber das braucht man eigentlich gar nicht – wenn man einfach nur mal loslegt.

Wir werden es zeigen.

 

Literatur für die Schule – nicht für die Germanistik

Wir sprachen schon davon, dass die Liebe zur Literatur in der Schule nicht so richtig wachsen kann, wenn die Deutschlehrer mehr oder weniger gezwungen sind, Germanistik zu betreiben.

Das ist das Fach an der Uni, in der man sich wissenschaftlich mit Literatur beschäftigt. Und dort werden all die Verfahren der Interpretation usw. entwickelt, die für Schüler zum Teil eine richtige Qual sind.

Natürlich soll man sich in der Schule so mit Literatur beschäftigen, dass man sie wirklich versteht und sich darüber austauschen kann.

Deshalb müssen Schüler aber nicht schon zu Studenten der Germanistik ausgebildet werden – die zum Beispiel Gedichte genauso analysieren und in Epochen einordnen, wie es an der Uni geschieht.

Aber inzwischen gibt es ja Hoffnung. In den aktuellen Vorgaben des Zentralabiturs 2020 gibt es schon materialgestützte Klausuren. Dort bekommt man einiges an Infos und Statements und soll daraus zum Beispiel sich in die Rolle eines Theater-Intendanten versetzen und begründen, dass Büchners Woyzeck heute noch aktuell ist. Oder aber es geht darum, in einer Stadt eine Ausstellung zu Franz Kafka vorzubereiten – und da brauchen die Verantwortlichen natürlich Ideen und Entwürfe.

Das ist schon sehr viel näher am späteren Leben, wenn man eben nicht Germanistik studiert, aber zum Beispiel Kulturwissenschaften.

Wir haben das mal am Beispiel der Frage durchgespielt, ob eine Schule in Franz-Kafka-Gymnasium umbenannt werden sollte.

Näheres findet man hier:
https://schnell-durchblicken3.de/index.php/themen/kafka-verstehen/305-kafka-beispiel-material-klausur-lernvideo

Ein anderes Beispiel für mehr Lebens- und Schülernähe im Umgang mit Literatur findet sich hier:
https://schnell-durchblicken3.de/index.php/faq/faq-gedichte/338-rilke-rainer-maria-die-gazelle-gazella-dorcas-einfach-und-sicher-verstehen

Dort haben wir nämlich nachgewiesen, dass man als Schüler durchaus zu Recht zu einer anderen Interpretation eines Gedichtes kommen kann als ein germanistischer Profi, der alle Feinheiten aus dem Leben und Werk eines Autors kennt.

Denn es gibt einen großen Unterschied zwischen einem „fiktiven“ Text, der auch unabhängig von seiner Entstehung Bedeutung haben kann – und seiner Verwendung in einer Schriftsteller-Biografie. Dort ist er nämlich nicht mehr nur ein Produkt der Poesie, sondern eben auch eine biografische Quelle, wenn auch eine besondere.

Aber nur das poetische Werk hat eine Chance, aktuell zu bleiben.

Ein anderes Beispiel dafür, wie ein Werk über den Dichter und seine unmittelbaren Absichten hinauswachsen kann, ist das wunderbare Gedicht „Ode an die Fremde“ von Franco Biondi.

Näheres dazu findet sich hier:
https://www.schnell-durchblicken2.de/ode-an-die-fremde

Halten wir fest:
Literatur eröffnet nicht nur Spielräume, sie ermöglicht auch ein bisschen zumindest den Sprung in eine Art „relative Ewigkeit“.

Für uns ist es jedenfalls ein Wunder, dass Gedichte von Goethe immer noch gelesen werden – ob das auch in 1000 Jahren noch so sein wird, kann keiner sagen.

Aber für unser menschliches Leben sind 200 Jahren eben schon zumindest eine „relative“ Ewigkeit 🙂

Sich einfach mal eine Geschichte ausdenken

Leben ist eine schöne Sache – nur findet es an einem ganz bestimmten Ort und zu einer ganz bestimmten Zeit statt – und manchmal merkt man es nicht einmal.

Das sieht ganz anders aus, wenn man sich von einem Satz in eine ganz andere Welt versetzen lässt. Dabei kann dann eine Geschichte entstehen.

Probieren wir es einfach mal aus:


Es wurde Zeit mal wieder zu verreisen. Leider war das nur ein Gefühl. Ihm fehlte noch ein Ziel. Da begannen meistens die Probleme. Was hatte er nicht schon alles ausprobiert. Ein Globus, den er von seinem Großvater geschenkt bekommen hatte, sah inzwischen ziemlich zerstochen aus. Gut, dass er nicht luftgefüllt war, sondern eine richtig feste Oberfläche hatte. Einige Fähnchen steckten übrigens auch noch drin – aber dies Verfahren hatte er schon lange hinter sich gelassen.

usw.

Wer sich übrigens für einen kreativen Erzählansatz interessiert, der bis zum Ende durchgezogen worden ist, wird hier fündig:
https://schnell-durchblicken3.de/index.php/schnell-durchblicken-kurse/lernkurs-kreativitaet-beim-schreiben-von-texten/332-ueberschrift-geschichte-entwickeln

Oder hier noch eine Geschichte, die sich anhört wie eine dieser alten Kalendergeschichten:
https://schnell-durchblicken3.de/index.php/schnell-durchblicken-kurse/lernkurs-kreativitaet-beim-schreiben-von-texten/251-wie-schreibt-man-eine-kalendergeschichte

Gedichte – viel Sinn auf wenig Raum

Es ist wirklich unglaublich, wie viel an Sinn man auf engstem Raum in ein Gedicht hineinpacken kann.

Ein schönes Beispiel ist die

„Ode an die Fremde“

(man wird erinnert an die Ode an die Freude und ist gespannt, um welche Fremde es hier geht, die man angeblich besingen kann)

von Franco Biondi

Genauer vorgestellt haben wir sie hier:
https://www.schnell-durchblicken2.de/ode-an-die-fremde

In einem größeren Zusammenhang vorgestellt wird sie hier:
https://prezi.com/oeqfkgivl8hg/beispiele-der-migrationslyrik/

Uns gefällt sie vor allem, weil sie so irritierend, ja verstörend ansetzt und die Fremde gewissermaßen zu einer Geliebten erklärt.

Als Begründung wird angegeben, dass gerade das Gefühl des Nicht-dazu-Gehörens, ja sogar des Ausgeschlossen-Seins einen dazu bringt, die Fremde zu lieben.

Spannend ist dann, um welch eine Fremde es genau geht.

Und am Ende weiß man, dass es für jeden, der in einer solchen Situation ist, ganz gleich, ob Mensch mit Migrationshintergrund oder Opfer von Mobbing, es gibt einen Raum, in den man sich zurückziehen kann.

Richtig interessant ist dann die Pointe am Schluss:
„Dabei bin ich der Fremde ganz gleichgültig“.

Ganz offensichtlich gelingt die Rettung aus dem eigenen Kopf, indem man das, was einem vorgehalten wird, zu einem Schonraum für sich selbst macht.

Nach dem Motto:
Wenn ihr mich eben so seht, dann bin ich eben so und bleibe für euch auch so, bin aber eigentlich ganz anders und hoffe, dass ihr das irgendwann merkt.

Und wir fügen hinzu: Das wird dann vielleicht schneller kommen, als man denkt, weil jede Gruppe schließlich auch die braucht, die nicht auf der Linie des „Mehrheitsdenkens“ liegen.