In einer Kurzgeschichte die Erzählhaltung ändern – Sibylle Berg, „Nacht“

Das Ziel

Wir gehen davon aus, dass die Kurzgeschichte vorliegt. Ansonsten stellen wir sie inhaltlich soweit vor, wie es nötig ist, um unser Ziel zu erreichen. Es geht nämlich darum, die Erzählhaltung überhaupt oder noch stärker in die „personale“ Variante umzuwandeln.

Dazu muss einem zunächst klar sein, dass bei der „personalen“ Erzählhaltung, der Erzähler gewissermaßen hinter den Figuren verschwindet. Es gibt also keine Kommentare, Vorverweise oder Rückgriffe – es sei denn aus der Perspektive der Figuren. Auf deren Denken, auf deren Sicht muss man sich also konzentrieren.

Zuordnung des Anfangs zum Jungen

Die beiden Sätze:

„Sie waren mit Tausenden aus unterschiedlichen Türen in den Abend geschoben. Es war eng auf den Straßen, zu viele Menschen müde und sich zu dicht, der Himmel war rosa.“

sollten also einer der beiden Figuren zugeordnet werden, etwa so:

„Als er aus dem Bus stieg und ein paar Meter gelaufen war, merkte er erst, wie voll es war. Die Menschen bildeten regelrecht Trauben, es war kaum durchzukommen. Dabei fiel ihm auf, wie müde manche aussahen und sich entsprechend auch bewegten – obwohl der rosarote Himmel doch eigentlich hätte die Stimmung heben müssen. Er fand es schade, dass solch ein Abend irgendwie von den meisten nicht genutzt wurde, irgendwie waren sie zufrieden mit dem, was sie hatten. Vielleicht gab es auch einfach nicht genügend Stille, aus der etwas Neues, vielleicht ein großer Plan herauswachsen konnte.“

Wechsel in die Perspektive des Mädchens

Und dann wechselt man die Perspektive zu dem Mädchen, das der Junge am Ende trifft:

„Sie hätte eigentlich schon wieder zu Hause sein sollen. Morgen musste sie früh raus. aber sie ging nicht. Dieser rosarote Himmel lockte sie einfach, etwas Verrücktes zu tun. In der Ferne sah sie den Aussichtsturm, von dem aus sollte man bis zu den Alpen schauen können, hatte ihr die einzige Freundin erzählt, die sie bis jetzt nach ihrem Umzug in diese Stadt hatte für sich gewinnen können.“

Inhaltlich ist hier ziemlich viel von dem aufgenommen worden, was der Erzähler in der Kurzgeschichte sagt. Alles ist aber der Perspektive des Mädchens zugeordnet. An der einen oder anderen Stelle kann man dann durchaus ein paar Kleinigkeiten hinzuerfinden, sie sollten aber möglichst sinnvolle Ergänzungen darstellen und müssen zum Ausgangstext grundsätzlich passen.

Rückkehr zur Perspektive des Jungen und Vorbereitung der Begegnung

„Als er den Aussichtsturm erreicht hatte, den einzigen Platz, der sich an einem solchen Abend als Ziel anbot, war er überrascht, dass da jemand genau in der Ecke saß, in der er es sich manchmal gemütlich machte“.

Anregung, jetzt selbst weiterzumachen

Wir hoffen, dass jetzt klar geworden ist, wie man so etwas machen kann.

Dann wünschen wir mal viel Spaß und Erfolg beim Rest der Geschichte.