„Die Judenbuche“ – ein toller Spruch als Einstieg

Die Bedeutung eines Spruchs am Anfang einer Novelle

Normalerweise beginnen Erzählungen – und eben auch Novellen – mit dem eigentlichen Inhalt, Beschreibungen und Handlungen.

Bei der Novelle „Die Judenbuche“ ist das anders. Es gibt da einen langen Vorspruch oder auch ein Eingangsgedicht, das viel mit dem Inhalt zu tun hat.

Da es sehr stark in einer altertümlich wirkenden Sprache geschrieben ist, erklären wir es im folgenden:

Erklärung des Gedichtes

Das Folgende gibt es auch als Hör-Datei im mp3-Format. Dann kann man das direkt in der eigenen Textausgabe verfolgen:

  1. Wo ist die Hand so zart, dass ohne Irren
  2. Sie sondern mag beschränkten Hirnes Wirren,
    • Der Sprecher, der wohl identisch ist mit dem Erzähler, fragt sich hier, wie es überhaupt möglich sein kann, ohne Missverständnisse bzw. Fehler die „Wirren“, d.h. das Durcheinander, eines „beschränkten Hirnes“, also eines Kopfes, der nicht alles weiß, kann und versteht, zu „sondern“, also genau zu analysieren.
  3. So fest, daß ohne Zittern sie den Stein
  4. Mag schleudern auf ein arm verkümmert Sein?
    • In einem zweiten Schritt geht es um die Frage der Strafe. Die wird hier in das Bild eines Steines gebracht, den man auf einen Menschen wirft, der „verkümmert“ ist, also gerade nicht stark, voll entwickelt wie vielleicht die, die urteilen.
    • Das bezieht sich hier auf eine Bibelstelle, in der Jesus sagt, nur wer ohne Schuld sei, dürfe den ersten Stein werfen – und er meint damit wohl, dass niemand das kann.
      (Vgl. Johannes 8, Vers 7).
  5. Wer wagt es, eitlen Blutes Drang zu messen,
  6. Zu wägen jedes Wort, das unvergessen
  7. In junge Brust die zähen Wurzeln trieb,
  8. Des Vorurteils geheimen Seelendieb?
    • Hier wird jetzt noch mal gewissermaßen auf die mildernden Umstände eingegangen, die bei einer Tat zu berücksichtigen sind.
    • „Eitles Blut“, also eine innere Erregung, die einen in einen bestimmten Gefühlszustand bringt, den man nicht unter Kontrolle hat.
    • Dann Worte, die in einem Menschen Schlimmes bewirkt haben.
    • Schließlich Vorurteile, die einem gewissermaßen die gute Seele rauben.
  9. Du Glücklicher, geboren und gehegt
  10. Im lichten Raum, von frommer Hand gepflegt,
  11. Leg hin die Waagschal‘, nimmer dir erlaubt!
  12. Lass ruhn den Stein – er trifft dein eignes Haupt!
    • Hier wird jeder noch mal direkt angesprochen, der zu schnell mit dem Urteilen ist.
    • Zunächst wird darauf hingewiesen, dass viele, die nicht schuldig werden, einfach nur in besseren Verhältnissen gelebt haben.
    • Das wird dann in Zeile 10 in zwei Bildern näher ausgeführt.
    • Am Ende dann die doppelte Aufforderung, zum einen die Waagschale der Bewertung wegzulegen
    • und dann vor allem den Stein. Wenn man meint den anderen damit zu treffen, treffe man sich doch eigentlich selbst.

Zusammenfassung

Das Gedicht warnt vor zu schnellen Urteilen und macht damit neugierig auf den Fall, der hier entwickelt wird. Man darf wohl erwarten, dass es dort eben auch keine Eindeutigkeit gibt.

Szenenanalyse: Einleitung und Thema

Die Notwendigkeit einer Einleitung mit Angabe des Themas

Wie bei der Analyse eines Gedichtes oder einer Kurzgeschichte muss man in einer Analyse zunächst einen Einleitungssatz formulieren.

Vorschlag, ein „Formular“ zu verwenden

Bei dem kann man eine Art „Formular“ verwenden. Das könnte etwa so aussehen – wobei wir von Schillers „Wilhelm Tell“ ausgehen. Die einzelnen Elemente muss man dann durch das austauschen, was man selbst vorfindet:

  • Bei dem vorliegenden Text
  • handelt es sich um die 1. Szene des II. Aktes
  • in Schillers Drama
  • „Wilhelm Tell“.
  • Insgesamt geht es in dem Drama um den Freiheitskampf der Schweizer gegen die Unterdrückung durch die Österreicher.
  • Thema der Szene ist der Zusammenstoß von verschiedenen Vorstellungen im Hinblick auf den Freiheitskampf im schweizerischen Adel.

Tipps zum Finden und Formulieren des Themas

Beim Thema geht es um eine Problem- oder Fragestellung, die die Szene beherrscht.
Man findet sie, indem man sich die Szene erst mal genau anschaut und dann überlegt, um welche Frage, welches Problem geht es hier eigentlich.

Man muss unbedingt unterscheiden zwischen der Gesamtthematik des Dramas – die kann man sich schon bei der Vorbereitung auf eine Klausur klar machen und einprägen.

Davon zu unterscheiden ist das spezielle Thema der konkreten Szene. Auf jeden Fall ist es gut, wenn man eine Beziehung herstellt zwischen dem allgemeinen Thema und dem speziellen Thema (siehe oben).

Der spezielle Tipp: Vom Gesamt-Thema zum Szenen-Thema

Zu unterscheiden ist ja das Gesamt-Thema des Dramas, das man vor einer Klausur sich schon klarmachen und dann „im Kopf“ mitnehmen kann, vom Thema der Szene.

Auch dort geht es um eine Frage- oder Problemstellung, die man genauso ermitteln und formulieren kann wie das Thema des gesamten Werkes – nur eben spezialisiert auf die besondere Szene.

Sehr elegant ist es natürlich, in der Einleitung zu einer Szenenanalyse vom Thema des Werkes zum Thema der Szene überzuleiten.

Beispiel:

In Büchners 1836/1837 geschriebenem und 1879 veröffentlichten Dramenfragment „Woyzeck“ geht es um die Unterdrückung und Ausbeutung eines Soldaten, die schließlich in einem Mord endet. Wie der Umgang seiner Vorgesetzten mit Woyzeck konkret aussieht, lässt sich sehr gut an der vorliegenden Szene mit dem Hauptmann verdeutlichen. Schwerpunkt der Szene ist die spezielle Frage der Möglichkeiten des Menschen, gut zu sein bzw. sich moralisch zu verhalten.

Und dann kann man direkt mit der Analyse weitermachen.

Weitere Infos

Unser Lernkurs zur Szenenanalyse ist komplett zu erreichen über:
https://wvm.schnell-durchblicken3.de/category/szenenanalyse/

Weitere Infos und Materialien zu Büchners Woyzeck finden sich in unserem alphabetischen Register auf der Seite:
https://schnell-durchblicken3.de/index.php/uebersichten/alphabetische-uebersicht-ueber-die-infos-und-materialien/202-w-alphabetische-uebersicht